Auswertung von Satellitenbildern Regenwaldzerstörung an Brasiliens Ostküste nimmt drastisch zu

Im Mata Atlântica sind in nur zwölf Monaten 20.000 Hektar Wald verloren gegangen, berichtet eine Umweltorganisation. Das Gebiet war im Gegensatz zum Amazonas bisher weniger von Entwaldung betroffen.
Zerstörung des Regenwalds Mata Atlântica an der Ostküste Brasiliens

Zerstörung des Regenwalds Mata Atlântica an der Ostküste Brasiliens

Foto: SOS Mata Atlantica / AFP

Der brasilianische Rechtspopulist Jair Bolsonaro streitet immer wieder ab, dass unter seiner Präsidentschaft die Abholzung des Regenwaldes zunimmt. Doch nun gibt es weitere Beweise für die Entwaldung im Land: Nicht nur die Umweltzerstörung im Amazonas, sondern auch die Zerstörung des Atlantischen Regenwaldes hat drastisch zugenommen.

Von der sogenannten Mata Atlântica, die sich entlang der gesamten Ostküste Brasiliens erstreckt, seien zwischen November 2020 und Oktober 2021 insgesamt 21.642 Hektar zerstört worden, heißt es in einem diese Woche veröffentlichten Bericht einer Umweltorganisation. Dies sei ein Anstieg um 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Der Regenwald Mata Atlântica erstreckt sich vom nördlich gelegenen Rio Grande bis zum südlichsten Landesteil Brasiliens, dem Rio Grand do Sul, sowie im Inland bis nach Paraguay und Argentinien.

Der Regenwald Mata Atlântica erstreckt sich vom nördlich gelegenen Rio Grande bis zum südlichsten Landesteil Brasiliens, dem Rio Grand do Sul, sowie im Inland bis nach Paraguay und Argentinien.

Foto: Ricardo Siqueira / Brazil Photos / LightRocket / Getty Images

Durch die Zerstörung der Waldgebiete sei das Äquivalent von 10,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt worden, erklärte die Organisation SOS Mata Atlântica . Die Umweltschützer haben für ihren Bericht Satellitenbilder ausgewertet.

»Wir haben nicht so einen riesigen Anstieg erwartet«, sagte ihr Sprecher Luis Guedes Pinto über die Zunahme der Zerstörung. »Wir dachten, dass der Atlantische Regenwald etwas besser immun gegen die Explosion der Entwaldung ist«, so Pinto. Eigentlich würde es in der Region eine stärkere Regulierung geben. Der Bericht zeige nun aber, dass auch die Mata Atlântica »unter dem Rückgang von Umweltpolitik und Umweltgesetzgebung« leide.

Wie der Amazonas-Regenwald ist der Atlantische Regenwald ein wichtiger Bremser des globalen Klimawandels. Außerdem versorgt das vielfältige Ökosystem Brasilien nach Angaben von Experten mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und erneuerbarer Energie aus Wasserkraft.

Bolsonaro schwächt Umweltgesetze für die Agrarlobby

Die Zerstörung der Mata Atlântica sei »eine Katastrophe nicht nur für Brasilien, sondern für die Welt«, betonte Umweltschützer Pinto. Studien zeigten, dass der Atlantische Regenwald sich dringend erholen müsse, wenn die Welt das Ziel des Pariser Klimaabkommens noch erreichen wolle, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Die Zerstörung von Brasiliens riesigen Wäldern hat unter dem rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro dramatisch zugenommen. Kritiker werfen ihm vor, Umweltschutzregeln zugunsten der mächtigen Agrarwirtschaft auszuhöhlen. Seit Bolsonaros Amtsübernahme im Jahr 2019 hat die durchschnittliche jährliche Zerstörung des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes nach offiziellen Angaben um 75 Prozent im Vergleich zum vorherigen Jahrzehnt zugenommen.

Erst im April hat Brasilien die Marke von 1000 Quadratkilometern abgeholztem Regenwald im Amazonasgebiet überschritten. Die entwaldete Fläche von 1012,5 Quadratkilometern ist der höchste Wert für den Monat April, wie das Nationale Institut für Weltraumforschung (Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais, kurz Inpe) vermeldete. Bereits in den Vormonaten hatte die Abholzung nach vorläufigen Inpe-Zahlen auf Rekordniveau gelegen.

sug/afp
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