WHO-Frühwarnzentrum Wie Berlin zur globalen Zentrale der Pandemiebekämpfung wird

Gegen die nächste Pandemie will sich die Welt besser wappnen. Dazu werden in einem neuen Frühwarnzentrum Unmengen von Daten zu Tiergesundheit und verdächtigen Krankheiten mithilfe künstlicher Intelligenz analysiert.
Universitätsklinikum Charité in Berlin

Universitätsklinikum Charité in Berlin

Foto: Jürgen Ritter / imago images/Jürgen Ritter

Diese Pandemie beschäftigt die Welt nun schon seit mehr als anderthalb Jahren. Noch ist sie nicht vorbei. Aber Expertinnen und Experten sind sich bereits jetzt einig, dass irgendwann eine neue kommen wird . Und dass die Welt bessere Antworten braucht, um solche globalen Bedrohungen schneller zu erkennen und zielgerichteter zu bekämpfen.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will Viren, die gefährlich werden könnten, künftig stärker beobachten. Eine wichtige Rolle wird dabei ein neues Pandemiefrühwarnzentrum in Berlin spielen, das an diesem Mittwoch eröffnet wird, der sogenannte Global Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence.

Dort sollen Informationen aus aller Welt zusammenlaufen, um virale Bedrohungen früh zu erkennen. Dann könnten Regierungen rechtzeitig Maßnahmen verhängen und etwa Verhaltens- oder Reiseempfehlungen aussprechen. An der Eröffnung nehmen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus teil.

Die Hoffnung der Gesundheitsexperten ist, dass bei einer Bedrohung durch eine weitere Krankheit früher und konsequenter gehandelt wird als nach dem Ausbruch der Coronapandemie Anfang vergangenen Jahres. »Eine wesentliche Grundlage für den Kampf gegen zukünftige Pandemien sind Daten«, sagte Bundeskanzlerin Merkel im Mai, als der Beschluss für dieses Zentrum fiel. »Daten, die, wenn sie mit den richtigen Analysewerkzeugen gebündelt und verarbeitet werden, Erkenntnisse liefern, die wir niemals allein oder zumindest nicht so schnell entdecken könnten.«

Das Zentrum soll mithilfe von künstlicher Intelligenz Unmengen solcher Daten analysieren. Dabei geht es etwa um Tiergesundheit, ungewöhnliche Krankheiten bei Menschen, Klimawandelfolgen oder Bevölkerungsverschiebungen. Modelle sollen helfen, mögliche Risiken besser einzuschätzen.

Datenbanken arbeiten bereits

Schon länger fordern Wissenschaftler globale Anstrengungen, um beispielsweise für Menschen gefährliche Tierkrankheiten, sogenannte Zoonosen, besser zu beobachten. Erst im April hatten Forscher mit Spillover.Global eine frei zugängliche Datenbank  veröffentlicht, die das Risiko von Übertragungen einstufen soll. Das Überspringen solcher Erreger vom Tier auf den Menschen wird als Spillover bezeichnet, bislang sind mehr als 250 zoonotische Krankheitserreger bekannt. Schätzungen gehen indes davon aus, dass Hunderttausende Tierviren das Potenzial haben, auf den Menschen überzuspringen.

Für das Zentrum in Berlin hat die Bundesregierung 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Unter anderem soll die Expertise des Robert Koch-Instituts, der Berliner Charité, eine der größten Universitätskliniken Europas, sowie des Hasso-Plattner-Instituts für Digital Engineering einfließen. Ähnliche Daten sammeln bislang neben der WHO auch die Uno-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE). Das Zentrum braucht aber auch Zulieferungen durch Regierungen, Labore und wissenschaftlichen Institute.

Die WHO-Untersuchung über den Ursprung des Coronavirus wirft generell kein gutes Licht auf den Kooperationswillen. China hat dem WHO-Team bei seinem von Peking monatelang hinausgezögerten Besuch wichtige Daten über die ersten bekannten Coronapatienten vorenthalten. Als Grund wurde der Persönlichkeitsschutz der Patienten angegeben, obwohl solche Daten völlig anonymisiert aufbereitet werden können.

joe/dpa
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