
Dinosaurier vor Meteoriten-Einschlag Wer früher stirbt, ist länger tot

Es war ein gewaltiger Einschlag: Vor 66 Millionen Jahren raste ein mindestens zehn Kilometer großer Brocken auf die Erde zu. Und er verfehlte sie nicht wie die meisten durchs all vagabundierenden Meteoriten. Auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán bohrte er sich in die Erdkruste - der 180 Kilometer große Chicxulub-Krater entstand.
Die Folgen für das Leben auf der Erde waren verheerend: Die Dinosaurier verschwanden - so zumindest eine der Theorien über ihr Aussterben. Alternativ wird Vulkanismus in Indien für das Ableben der Dinos verantwortlich gemacht. Es gibt auch Forscher, die eine Kombination oder sogar eine Verbindung beider Ereignisse sehen. Demnach hätte der Meteorit Magmagänge im Erdinnern verändert - Vulkanausbrüche häuften sich in der Folge.
Eine Untersuchung britischer Forscher kommt nun zu dem Ergebnis, dass das Dinosterben bereits in vollem Gang gewesen sein muss, als der Meteorit die Erde traf. Viele Millionen Jahre vor ihrer endgültigen Auslöschung verschwanden mehr Dino-Arten von der Erde als neue entstanden, berichten sie im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" .
Die Wissenschaftler um Manabu Sakamoto von der University of Reading haben mit statistischen Methoden die Stammesgeschichte aller Dinosauriergruppen analysiert - der Vogelbeckensaurier sowie der Echsenbeckendinosaurier mit den Sauropodomorpha und den Theropoda. Dazu werteten sie Datensätze aus, die 420 beziehungsweise 614 systematische Gruppen von Dinosauriern umfassten.
Die Analyse liefere überwältigende Unterstützung für die Annahme, dass sich die Artbildungsrate bei nahezu allen Dinosauriern vor dem endgültigen Verschwinden verlangsamte bis sie schließlich unterhalb der Grenze zum Aussterben lag. Das passierte spätestens 24 Millionen Jahre vor dem Meteoriten-Einschlag. Betrachteten die Forscher in ihrer Analyse nur die Dinosaurier-Hauptgruppen, passierte das sogar noch früher: 48 bis 53 Millionen Jahre vor dem Einschlag.
Ausnahmen bildeten lediglich die pflanzenfressenden Hadrosaurier und Ceratopsidae. Bei ihnen stellten die Forscher eine sehr hohe Artbildungsrate fest. Möglicherweise war es diesen gelungen, durch die Ausbildung sehr kräftiger Kiefer und Zähne spezielle Pflanzenarten für sich als Nahrungsgrundlage zu erschließen. Zu diesen beiden Gruppen gehörten 14 Prozent aller Dinosaurier-Arten.
Die mangelnde Fähigkeit, ausgestorbene Arten durch neue zu ersetzen, habe diese Tiere anfällig gemacht. Sie seien unfähig gewesen, schnell auf die Katastrophe zu reagieren und sich davon zu erholen.
Ursache unklar
Die Hypothese der Forscher ist nicht neu - allerdings glauben sie, die bislang besten Belege dafür geliefert zu haben. Frühere Arbeiten zu dieser Frage hätten evolutionäre Dynamiken wie Artensterben und Artenbildung nicht ausreichend berücksichtigt und verfügten nicht über genügend statistische Aussagekraft, schreiben die Wissenschaftler.
Die Forscher stellten zudem den bereits vermuteten Zusammenhang zwischen der Artbildungsrate und der Höhe des Meeresspiegels fest. Demnach bildeten sich mehr Arten, wenn der Meeresspiegel stieg. Durch den Anstieg des Wassers werden Landmassen voneinander getrennt und Populationen isoliert, wie das Team erklärt. Eine solche geografische Isolation führe zur Entstehung neuer Arten.
Was genau den Niedergang der Dinosaurier-Vielfalt verursacht hat, sei unklar, schreiben die Wissenschaftler. Intensivierter Vulkanismus, Klimaveränderungen oder ökologische Interaktionen mit sich schnell ausbreitenden Tiergruppen seien denkbare Ursachen.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Einschlag (Zeichnung): Über die Ursache des Artensterbens vor 66 Millionen Jahren streiten Forscher schon lange. Die einen sagen, ein Meteorit in Mexiko, der Chicxulub-Einschlag, sei Schuld am Ende der Dinosaurier.
Dekkan-Trapp (Indien): Die anderen meinen, heftiger Vulkanismus auf der anderen Seite des Planeten sei Schuld am Exitus. Die Spuren der Lavafluten sind noch heute in Westindien zu besichtigen. Mehr als 3000 Meter hoch türmt sich mancherorts das erkaltete Vulkangestein.
Spurensuche im Dekkan-Trapp: Der Forscher Mark Richards glaubt, dass beide Ereignisse miteinander zusammenhingen. Der Meteoriteneinschlag, so seine These, könnte den Vulkanismus im heutigen Indien verstärkt haben.
Dinosaurier der Gattung Dicraeosaurus (Zeichnung): Was das Ende der Saurier besiegelt hat - darüber gibt es verschiedene Theorien.
Saurier Suchomimus (Zeichung): Eine neue Studie kommt nun zu dem Ergebnis, dass das Dinosterben bereits in vollem Gang gewesen sein muss, bevor der Meteorit vor 66 Millionen Jahren die mexikanische Halbinsel Yucatán traf.
Einschlagsregion im heutigen Mexiko: Forscher glauben, dass sich die Artbildungsrate bei nahezu allen Dinosauriern vor dem endgültigen Verschwinden verlangsamte bis sie schließlich unterhalb der Grenze zum Aussterben lag. Das passierte spätestens 24 Millionen Jahre vor dem Meteoriten-Einschlag von Chicxulub.
Reformierter Stammbaum
Forscher haben mithilfe einer atomaren Uhr die Dinosaurier-Vorfahren aus der Trias punktgenau datiert. Die Studie stellt bisherige Erkenntnisse infrage - und kappt den Stammbaum der Saurier um ein ganzes Stück.
Adern eines Sauriers
Wissenschaftlern ist gelungen, was als unmöglich galt: Aus versteinerten Knochen eines 80 Millionen Jahre alten Sauriers haben sie Blutgefäße extrahiert.
Biss-Rätsel gelöst
Raubsaurier Tyrannosaurus rex verbreitete Schrecken. Sein Biss hatte die Kraft von rund 5800 Kilogramm pro Quadratzentimeter. Forscher haben nun eine Erklärung für die machtvollen Kiefer gefunden.
Heißblütige Riesen, lauwarme Jäger
Seit Langem debattieren Paläontologen über die Frage, ob Saurier nun Warmblüter oder Wechselwarme waren. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, wie eine neue Studie zeigt: Manche waren ganz schön heiß, andere gerade mal lauwarm.
Stachel-Dino
Der Schwanz der Ankylosaurier war eine der monströsesten Waffen der Tierwelt. Der Schlag der schweren Keule konnte Muskeln reißen lassen und Wirbel ausrenken. Wie aber konnte ein Wesen solch ein Gewicht schleudern, ohne sich selbst zu verletzen?
Bunte Eier im Nest
Wie sahen Saurier-Eier aus? Paläontologen der Uni Bonn haben die Farbe rekonstruieren können. Insbesondere blau dürfte die Sauriermännchen auf Trab gehalten haben.
Von wegen Raubsaurier
Der eher kleine, nur bis zu drei Meter lange Chilesaurus diegosuarez wird seiner Einordnung unter die Fleischfresser kaum gerecht - er war Vegetarier wie manch anderer Theropode auch.
Terrorvogel
Forscher haben das bisher vollständigste je gefundene Fossil eines südamerikanischen Vogels Llallawavis scagliai analysiert. Nun wissen wir sogar, wie der Schrei der mörderischen Riesenvögel klang.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden