Analyse zur Schlagkraft von Sauriern Krieg der Schwänze

Zuul crurivastator im Kampf unter Artgenossen (künstlerische Darstellung)
Foto: Henry SharpeIn Urzeit-Comics oder -Filmen ist oft zu sehen, wie Ankylosaurier mit ihren knöchernen Schwanzkeulen angreifende Tyrannosaurier abwehren. Tatsächlich lehrten sie so allerdings wohl nicht nur T. rex das Fürchten: Die gepanzerten Dinosaurier setzten ihre ikonischen Schwanzkeulen womöglich auch ein, um unliebsame Artgenossen zu verdreschen, berichtet ein Forscherteam im Fachmagazin »Biology Letters« .
Untersucht wurde ein 76 Millionen Jahre altes Exemplar der Art Zuul crurivastator. Der Name Zuul geht auf ein gleichnamiges hundeähnliches Monster in einem »Ghostbusters«-Film von 1984 zurück, das wie der Saurier eine kurze, abgerundete Schnauze und markante Hörner hinter den Augen hat. Crurivastator ist eine Anspielung auf die Vorstellung, dass mit der Schwanzkeule die Beine zweibeiniger Tyrannosaurier zerschmettert wurden.

Fossil des analysierten Sauriers: Verletzte und verheilte Stachel auf der rechten Seite
Foto: Royal Ontario MuseumFossile Überreste eines solchen Tiers waren vor Jahren in der Judith-River-Formation in Montana gefunden worden. Sein Schwanz war etwa drei Meter lang und an den Seiten mit scharfen Stacheln versehen. Die hintere Hälfte war steif und die Spitze von riesigen knöchernen Klumpen umhüllt, die eine gewaltige, hammerartige Waffe bildeten. Zudem trug der wehrhafte Pflanzenfresser Reihen von Stacheln entlang seiner mit Knochenplatten gepanzerten Flanken.
Kampf um territoriale Vorherrschaft
Bei dem gut erhaltenen Exemplar waren auf beiden Seiten in der Nähe der Hüften einige Stacheln abgebrochen. Die Spitzen fehlten, und Knochen sowie Hornscheide waren in stumpferer Form verheilt, berichtet das Team um Victoria Arbour vom Royal BC Museum im kanadischen Victoria. Verursacht wurden die Verletzungen demnach wohl durch einen Schlag mit der massiven Schwanzkeule eines anderen Zuuls, nicht von einem angreifenden Raubtier wie einem Tyrannosaurier.

Zuul crurivastator: Massive Schwanzkeule (künstlerische Darstellung)
Foto: Royal Ontario MuseumDafür spreche unter anderem, dass die größten und spitzesten Stacheln bei Zuul an den Flanken saßen – und Raubsaurier darum schwerlich vor allem diese Stellen angegriffen hätten. Tyrannosaurier hätten wohl vor allem den Rücken oder den verletzlichen Nackenbereich attackiert.
Womöglich hätten Ankylosaurier um soziale und territoriale Vorherrschaft oder um Weibchen gekämpft, so die Forschenden. Dabei seien die Keulen wohl ritualisiert stets in die Flanken des Gegners geschwungen worden, ähnlich wie beim Flankenstoß von Bisons oder dem Nackenschlag bei Giraffen.
Mehr als hundert Kilometer pro Stunde schnelle Peitsche
Fachleute interessieren sich allerdings nicht nur für die Kampftechniken von Ankylosauriern. Ein Team hat im Fachmagazin »Scientific Resports« etwa untersucht, mit welcher Geschwindigkeit Diplodociden – große, pflanzenfressende Dinosaurier mit langen Hälsen – ihre peitschenähnlichen Schwänze zum Einsatz brachten. Statt Masse zählte hier offenbar Geschwindigkeit.
Frühere Annahmen besagten, dass das Schwanzende der Tiere gar schneller als Schallgeschwindigkeit – also 1236 Kilometer pro Stunde oder 343 Meter pro Sekunde – schlagen konnte. Eine neuere Auswertung eines Teams um Simone Conti von der Nova School of Science and Technology im portugiesischen Caparica, kommt nun auf einen realistischeren, aber weiterhin beachtlichen Wert: Bis zu 33 Meter pro Sekunde oder mehr als hundert Kilometer pro Stunde schnell peitschten die Diplodociden demnach.

Simulation der Schlagkraft eines Apatosaurus-Schwanzes
Foto: Simone ContiDie Fachleute hatten die Bewegung im Computer simuliert. Das verwendete Modell eines Apatosaurus-Schwanzes sei über zwölf Meter lang, wiege 1446 Kilogramm und bestehe aus 82 Zylindern, die Wirbel darstellten und an einer unbeweglichen Hüftknochenbasis befestigt seien, so die Forschenden. Apatosaurier gehören zu den Diplodociden.
Schmerzhafter Schlag
Tests ergaben, dass der Schwanz gebrochen, Haut und Weichteile gerissen wären, wenn das Tier tatsächlich mit Schallgeschwindigkeit zugeschlagen hätte. Auch mit hypothetisch möglicherweise vorhandenen Verlängerungen der Schwanzspitze ähnlich denen bei einer Bullenpeitsche wäre an der Spitze die Belastung zu groß gewesen. Einen Überschallknall habe also wohl kein Diplodocide je erzeugt, schließt das Team um Conti.

Apatosaurus (künstlerische Darstellung)
Foto: Mohamad Haghani / imago images/StockTrek ImagesAuch das deutlich langsamere Peitschen sei jedoch nützlich gewesen – etwa zur Verteidigung gegen Fressfeinde oder beim Kampf mit anderen Diplodociden. Der beim Auftreffen vom Schwanz-Endstück ausgeübte Druck entspreche dem eines etwa 315 Kilometer pro Stunde schnellen Golfballs oder einem 205 Kilometer pro Stunde schnellen Volleyball.
Zum Nutzen der langen Diplodociden-Schwänze mit ihrem schmalen und leichten Endteil gibt es allerdings auch noch andere Theorien: Die Funktion als »drittes Bein« während der zweibeinigen Stehhaltung gehört dazu, als Gegengewicht zum langen Hals, als geräuschbildende Struktur oder auch als eine Art Tastorgan zur räumlichen Wahrnehmung. Die anatomische Struktur lasse aber am ehesten auf Verwendung als Peitsche zur Verteidigung schließen, so Conti und Kollegen.