

München - Etwa 90 Prozent des Welthandels werden über die Meere abgewickelt. Doch bisher hat sich die Branche wenig um den Klimaschutz gekümmert. Ein Grund dafür ist, dass sie wegen ihres internationalen Charakters weder vom Kyoto-Protokoll noch vom EU-Emissionshandelssystem betroffen ist.
Jetzt haben Wissenschaftler vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) eine Untersuchung veröffentlicht, die möglicherweise zu einem Umdenken führen könnte, denn das Ergebnis ist bemerkenswert eindeutig: Die internationale Schifffahrt verschmutzt die Luft stärker als der Luftverkehr.
Der Ausstoß von habe im Jahr 2000 mit rund 800 Millionen Tonnen etwa gleich hoch gelegen wie in der Luftfahrt, ergab die Analyse, die am Dienstag in Oberpfaffenhofen und an der Universität Bremen vorgestellt wurde. Mit mehr als 20 Millionen Tonnen Stickoxid übertreffe die Schifffahrt aber den Luftverkehr um das Zehnfache - und mit rund zwölf Millionen Tonnen Schwefeldioxid sogar um das Hundertfache, fasste das DLR den Abschlussbericht der SeaKlim-Studie zusammen.
Schwefeldioxid kühlt
Während das CO2 zur beitrage, wirke die hohe Konzentration von Schwefeldioxid-Abgasen dem zunächst entgegen. Denn Schwefeldioxid und andere schwefelhaltige Verbindungen reagierten in der Atmosphäre zu Schwefelsäure und bildeten mit Wasser winzige schwefelhaltige Tröpfchen, sogenannte Aerosole. Diese streuen mehr Sonnenstrahlung ins All zurück. Schwefeldioxid habe somit einen kühlenden Effekt.
Dieser Temperaturrückgang erscheine in der Klimabilanz zunächst positiv, der Effekt sei aber lokal und zeitlich sehr beschränkt: Die Aerosole bestehen nur einige Tage, während sich Kohlendioxid über hundert Jahre in der Atmosphäre hält. Außerdem trage das Schwefeldioxid zu einer massiven Verschmutzung der Luft in Küstennähe bei, vor allem in den Häfen.
Für ihre Studie nutzten die Nachwuchswissenschaftler des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre und des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen unter anderem Daten eines Sensors auf dem europäischen Umweltsatelliten "Envisat". Anhand dieser Messwerte konnten sie erhöhte Stickoxidkonzentrationen entlang von Hauptschifffahrtsrouten nachweisen.
Nicht zuletzt aufgrund der SeaKlim-Untersuchung, die auch zur zweiten Treibhausgasstudie der International Maritime Organization (IMO) beigetragen habe, gebe es jetzt schrittweise schärfere Bestimmungen für Schwefeldioxidemissionen in der Schifffahrt. Eine Idee zur Verbesserung gibt es bereits: Eine Initiative eines britischen Milliardärs hat Ozeanriesen eine Art Energieeffizienzklasse-Siegel verpasst.
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