Umweltschutz Wohin mit dem Mist?

Ein Bauer versprüht Gülle auf seinem Feld in Heinersdorf (Brandenburg)
Foto: Patrick Pleul/ dpaGülle stinkt, ist aber ein perfekter natürlicher Dünger. Doch weil die Tiermastbetriebe in einigen Regionen Deutschlands wachsen, werden die Ausscheidungen von Huhn, Schwein und Rind zunehmend zum Umweltproblem . Denn wenn ein Großbauer immer mehr Tiere im Stall stehen hat, ohne dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen mitwachsen, landet oft zu viel Nitrat in Gewässern und Böden. Viele Bauern versuchen deshalb, überschüssigen Mist loszuwerden. Die Folge: Tonnen an Gülle reisen in Lastwagen durch Europa.
Das alles hat weitreichende Folgen für die Umwelt und für die Gesundheit: Das Trinkwasser wird teurer, weil Grundwasser mit hohem Nitratgehalt entweder behandelt oder mit Wasser aus anderen Quellen verdünnt werden muss. Auch die Meere werden belastet. Nitratliebende Algen machen sich an Nord- und Ostsee breit. Sterben diese ab, entstehen unter Wasser sauerstoffarme Zonen, in denen Leben nur schwer möglich ist.
Bundesregierung plant Düngerechtsnovelle
Um dagegen vorzugehen, setzen Umweltpolitiker auf die Düngerechtsnovelle, über die die Bundesregierung schon seit zwei Jahren brütet. Wann die Reform kommen wird, ist jedoch unklar.
Aus dem Landwirtschaftsministerium heißt es, man bemühe sich, "einen angemessenen Ausgleich zwischen Umweltinteressen einerseits und praktikablen Lösungen für die Landwirtschaft andererseits zu schaffen". Das Ministerium habe der EU-Kommission Ende 2015 einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Die Kommission habe der Bundesregierung im August daraufhin Anmerkungen zu einzelnen Punkten geschickt. Diese würden derzeit geprüft.
Vielen Umweltverbänden geht das nicht schnell genug. "Nitrat im Grundwasser ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit", sagt Katrin Wenz, Agrarpolitik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der Verband fordert eine Absenkung der Obergrenze für Stickstoff aus Düngemitteln von jährlich 170 Kilogramm pro Hektar auf 130 Kilogramm, zumindest für Regionen mit bereits erhöhten Nitratwerten im Grundwasser.
Wer mehr Dünger auf seinem Grund und Boden verteilt, soll ein Bußgeld zahlen. Landwirte müssten beim Ausbringen von Dünger zusätzlich einen Abstand von mindestens fünf Metern zu Gewässern halten. Außerdem soll eine Transportdatenbank eingerichtet werden, in der festgehalten wird, wer seine Gülle wohin transportiert.
Bundesländer regeln "Gülletourismus"
Bislang hat niemand einen Überblick darüber, wie viel Mist und Gülle jährlich aus dem Ausland nach Deutschland gekarrt werden. "Das ist Ländersache, es gibt keine bundesweite Statistik", erklärt eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
So muss beispielsweise in Nordrhein-Westfalen jeder, der unbehandelte Exkremente von Geflügel aus dem EU-Ausland einführen will, eine Genehmigung einholen. Für "verarbeitete Gülle von Klauen- und Pelztieren" gilt das aber nicht. In Niedersachsen hat Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) die Gülle-Importe im vergangenen März durch einen Erlass erschwert.
Besonders die Niederlande wollen ihren Mist gern in Deutschland loswerden, da die Düngerhöchstgrenzen dort strenger sind. Der BUND geht davon aus, dass im vergangenen Jahr 60.000 Lkw-Ladungen Gülle nach Deutschland transportiert wurden. Da es keine flächendeckende Aufzeichnungspflicht gebe, sei der Verbleib dieser Güllemengen ungewiss.
Das Statistische Bundesamt hat zwar Daten über die Einfuhr von Dünger. Gülle wird darin aber nicht separat aufgeführt. Erfasst werden vielmehr alle Düngemittel, die ins Land kommen, egal ob sie tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, untereinander gemischt oder chemisch behandelt sind. Was in einer Übersicht der Jahre 2008 bis 2015 allerdings auffällt: Das Gewicht der Einfuhren schwankt von Jahr zu Jahr erheblich, ohne dass sich die Tierbestände im gleichen Maße verändert hätten.
Schuld ist auch die Billigfleisch-Produktion
Der "Gülletourismus" ist aus Sicht vieler Umweltschützer nur einer von vielen Auswüchsen der Billigfleisch-Produktion. Denn es ist nicht nur das Streben nach Profit, das die Besitzer der Mastbetriebe dazu treibt, immer größere Ställe zu bauen. Es sind auch die niedrigen Preise für Fleisch aus Massentierhaltung, die Landwirte in diesen Kreislauf von steigenden Viehzahlen, Futtermittelimport und Gülleüberschuss hineinzwingen.
Die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages, Bärbel Höhn, schlägt vor, Gülle-Überschüsse sollten künftig als Abfall behandelt werden. Denn den darf man nicht beliebig in die Landschaft kippen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.