Fotostrecke

Kalifornien: Dürre macht Wasser für Diebe interessant

Foto: Rich Pedroncelli/ AP/dpa

Dürre-Folgen In Kalifornien stehlen sie jetzt Wasser

Wasser ist in Industriestaaten meist reichlich vorhanden und wenig wert. Nicht so in Kalifornien: Dort hat die dramatische Dürre kriminelle Folgen.

Drogen, Juwelen, schnelle Autos - üblicherweise sind es solche Luxusgüter, die in reichen Ländern Diebe anlocken. In Kalifornien aber bekommen Behörden derzeit einen Vorgeschmack darauf, was auch in anderen Regionen der USA und Europas im Zuge des Klimawandels geschehen könnte: Die seit Jahren anhaltende Dürre macht Wasser zu einem seltenen Gut, das zur illegalen Selbstbedienung einlädt.

In den vergangenen Monaten wurden diverse, teils skurrile Fälle bekannt:

  • Im Silicon Valley mussten Bewässerungsleitungen entfernt werden - Behördenvertreter hatten herausgefunden, dass eine Nudistenkolonie unerlaubt einen Wasserfall in der Nähe angezapft hatte.
  • In San Ramon in der Nähe von San Francisco haben Bauarbeiter Schläuche an einen Feuerwehr-Hydranten angeschlossen und mehr als 2500 Liter Wasser abgezapft.
  • In der Stadt Modesto bekamen einige Hausbesitzer eine Strafe von 1500 Dollar aufgebrummt, weil sie unerlaubt Wasser aus einem Kanal entnommen hatten.
  • In North San Juan in der Sierra Nevada fuhren Diebe mit ihrem Lastwagen an den Tank der örtlichen Feuerwehr heran und ließen Hunderte Liter Wasser mitgehen.
  • Insbesondere in ländlichen Gebieten Nordkaliforniens ist illegaler Marihuana-Anbau eine der großen Ursachen von Wasserdiebstahl. Milliarden Liter seien dafür aus nahe gelegenen Flüssen und Bächen abgezweigt worden, berichtete der TV-Sender PBS.

Der Wasserraub ist ein Symptom eines tiefergehenden Problems, das die Wasserversorgung Kaliforniens ernsthaft bedroht: Die Grundwasser-Entnahme wird nicht zentral dokumentiert, und sie ist kaum kontrollierbar.

In dem Bundesstaat gebe es fast 30.000 Besitzer von Wasserentnahme-Lizenzen, doch längst nicht alle hätten Wasserzähler installiert oder würden ihren Verbrauch vorschriftsgemäß melden, berichtete die Zeitung "The Fresno Bee". "Und der Bundesstaat hat keine Möglichkeit, selbst den Verbrauch zu messen."

Im Zusammenspiel mit der biblischen Dürre, die den Südwesten der USA seit rund 14 Jahren im Griff hat, führt der Wildwuchs zu dramatischen Folgen: Die Grundwasserpegel sind stark gesunken, wie die Auswertung von Satellitendaten im Sommer 2014 zeigte. Die Region zehrt offenbar schon seit Jahren von ihren Reserven.

Gratis-Brauchwasser am Straßenrand

Das bekommen die Kalifornier inzwischen auch im Alltag zu spüren. So ist 17 Kommunen in Tulare Country in Zentralkalifornien schon im vergangenen Sommer das Wasser ausgegangen. Auf den Straßen von Städten wie East Porterville stehen bis heute große Tanks mit kostenlosem nicht-trinkbarem Wasser, damit die Bewohner von Häusern mit ausgetrockneten Brunnen ihre Duschen und Toiletten benutzen können. Freiwillige fahren mit Trucks umher und beliefern ihre Nachbarn mit Trinkwasser in Flaschen.

Auch Landwirte blicken bang in die Zukunft. Im zentralen Tal Kaliforniens wird auf einer Fläche von rund 80 mal 700 Kilometern das meiste Obst und Gemüse in den USA produziert. 80 Prozent aller Mandeln der Welt kommen aus dem Central Valley. Mehr als 40 Milliarden Dollar bringt der Verkauf der Agrarprodukte aus dem "Golden State" jährlich ein. Das gelingt schon jetzt nur mit künstlicher Bewässerung, die durch die Dürre massiv zugenommen hat - was die Grundwasserpegel weiter sinken lässt.

Besitzer ausgetrockneter Brunnen greifen deshalb gern woanders zu, auch wenn es nicht erlaubt ist. Bisher wurde das in den meisten Teilen Kaliforniens nicht oder nur sehr milde bestraft. Doch das könnte sich bald ändern. Der regionale Wasserversorger East Bay Municipal Utility District (EBMUD) etwa will laut einem Zeitungsbericht demnächst darüber beraten, Wasserdiebe härter zu bestrafen als bisher. In Fresno müssen Ersttäter mit einem Bußgeld von 500 Dollar rechnen, im Wiederholungsfall kann das Doppelte fällig werden.

Laut Jennifer Persike, Sprecherin der California Association of Water Agencies, könnte der Wasserdiebstahl im Frühling und Sommer noch ansteigen, wenn sich die Versorgungslage voraussichtlich weiter verschlechtert.

Als Reaktion auf Wasserdiebstahl trifft man bei EBMUD auch Vorsorge. Die Behörde hat kürzlich mehr als 1100 Wasserzähler, die im Lauf des vergangenen Jahres aufgebrochen wurden, mit Schlössern versehen. Zum Vergleich: 2013 waren nur 842 Zähler geknackt worden. "Wenn sich herumspricht, dass ein erhebliches Bußgeld droht", sagt EBMUD-Direktorin Marguerite Young, "werden die Leute weniger schnell Wasser klauen."

mbe/AP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren