
Invasive Arten: Gefährliche Eindringlinge
Eingeschleppte Arten Forscher kartieren Wege der Bioinvasoren
Berlin - Große Häfen weltweit und Hauptschifffahrtsrouten sind die Ballungszentren der Bioinvasion. Zu diesem Schluss kommt eine am Sonntag veröffentlichte Studie der Universitäten Oldenburg und Bristol, welche die globalen Transportwege von per Schiff eingeschleppten Arten erkundete. Die Modellrechnungen zeigten "alle die gleichen Hotspots und Hochrisikorouten für Bioinvasion an", erklärte Michael Gastner, Biologe der University of Bristol.
Meeresbewohner können in den Ballasttanks der Schiffe oder am Rumpf hängend binnen weniger Tage Regionen erreichen, in denen sie nicht zu Hause sind. Ein Beispiel dafür ist die Zebramuschel, die es vom Schwarzen Meer bis in die Großen Seen Nordamerikas geschafft hat, wo sie erstmals 1988 nachgewiesen wurden. Die Muscheln sind sehr durchsetzungsfähig und stören dadurch das biologische Gleichgewicht.
Wahre "Ballungszentren der Bioinvasion" sind nach Angaben der Forscher aus Deutschland und Großbritannien schon aufgrund ihrer Verkehrsdichte Riesenhäfen wie Hongkong und Singapur, die zu den Top 3 der Welt zählen. Aber es ist nicht allein die Zahl der Schiffsbewegungen, die das Risiko des Einschleppens von Tieren und Pflanzen in Ballastwassertanks oder am Rumpf erhöht. Das Expertenteam identifizierte zusätzliche Faktoren, darunter den Schiffstyp sowie die Gegebenheiten am Start- und Zielpunkt.
Hamburg auf Platz 14
Containerschiffe etwa fahren schneller als Öltanker und könnten deshalb die Invasion von fremden Arten beschleunigen, erklärte die Universität Oldenburg zu der Untersuchung, die in der Fachzeitschrift "Ecology Letters" veröffentlicht wurde und auf der mathematischen Analyse von fast drei Millionen Schiffsbewegungen aus den Jahren 2007 und 2008 basiert. Entscheidend seien darüber hinaus auch die Wassertemperaturen.
So sei das Risiko des Einschleppens fremder Arten in der ebenfalls stark befahrenen Nordsee mit großen Seehäfen wie Hamburg (Top 14 weltweit) relativ gering. Die großen Nordsee-Häfen seien zwar ebenfalls wichtige Zielpunkte für Schiffe aus Asien, die niedrigen Wassertemperaturen sorgten allerdings dafür, dass aus wärmeren Gebieten mitgereiste Tiere und Pflanzen weitaus geringere Überlebenschancen haben.
Ähnliche natürliche Bedingungen wie in der Nordsee gebe es lediglich an der US-Ostküste mit ihren Häfen wie New York. "Wir verglichen unsere Modellergebnisse mit Felddaten. Und tatsächlich, die meisten invasiven Arten, die in der Nordsee vorkommen, haben ihre Heimat an der nordamerikanischen Ostküste", erklärte der Oldenburger Biologe Hanno Seebens.
Mit ihren Invasionsrisiko-Karten wollen die Forscher den Kampf gegen die Ausbreitung fremder Tiere und Pflanzen unterstützen. Bioinvasoren können im schlimmsten Fall einheimische Arten verdrängen und ganze Ökosysteme verändern. Eine Lösung für das weltweite Problem haben die Experten bereits anzubieten. "Der beste Schutz gegen Bioinvasion ist es, sie einfach nicht zuzulassen. Das bedeutet, dass potentielle Invasoren einfach nicht von Bord dürfen", erklärte Studienleiter Bernd Blasius aus Oldenburg. Das Ballastwasser auf Schiffen müsse permanent mit Filtern, Chemikalien oder keimtötendem UV-Licht gereinigt werden.
Das Einschleppen fremder Arten geschieht auf unterschiedliche Weise - nicht nur mit Schiffen. Beispielsweise können Pflanzensporen oder Insekten an Bord von Autos und Flugzeugen weite Wege zurücklegen. Manche Einschleppung war auch ein bewusster Akt - etwa die von Waschbären aus Nordamerika nach Deutschland in den dreißiger Jahren oder das Aussetzen von Kaninchen, Ratten und Agakröten in Australien. In Europa gibt es mittlerweile rund 11.000 fremde Arten - die meisten davon sind Pflanzen.