Prognose der Weltwetterorganisation Jetzt auch noch El Niño – die nächsten fünf Jahre werden heiß

Ein natürlicher Effekt verstärkt die menschengemachte Klimakrise. Laut der Weltwetterorganisation WMO setzt im Winter die wärmende Zirkulation El Niño ein. Neue Temperaturrekorde sind dann äußerst wahrscheinlich.
Extremwetter: Ein Mann geht durch ein fast ausgetrocknetes Flussbett am Stadtrand von Kolkata

Extremwetter: Ein Mann geht durch ein fast ausgetrocknetes Flussbett am Stadtrand von Kolkata

Foto: Sudipta Das / NurPhoto / Getty Images

Die Weltwetterorganisation erwartet globale Temperaturrekorde in den kommenden fünf Jahren. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 Prozent werde eines der Jahre 2023 bis 2027 das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Fünfjahresprognose der World Meteorological Organization (WMO). Ebenso wahrscheinlich werde die Erde im Durchschnitt dieser fünf Jahre einen Temperaturrekord verzeichnen. Die Prognose wurde vom britischen Wetterdienst Met Office im Auftrag der WMO erstellt.

Angesichts der langfristigen Erderwärmung wegen des Treibhausgaseffekts dürften steigende Temperaturen kaum überraschen – doch das Tempo werde sich in diesem Zeitraum laut der Prognose drastisch beschleunigen, heißt es. Die WMO verweist auf das natürliche mehrjährige Wetterphänomen der Südlichen Oszillation, genannt El Niño. Dabei ändern sich die Meeres- und Luftströmungen über dem Südpazifik, was sich weltweit mit Extremwetter unterschiedlicher Art auswirkt und insgesamt für steigende Temperaturen sorgt. Dass das Phänomen im kommenden Nordwinter einsetzt, gilt der WMO zufolge als wahrscheinlich. Auch der bisherige Temperaturrekord im Jahr 2016 entstand unter El-Niño-Bedingungen.

Die vergangenen drei Jahre waren von der entgegengesetzten Zirkulation La Niña geprägt, die eher kühlend wirkt. »Die globalen Mitteltemperaturen sind seit etwa 2015 nur deshalb ungefähr gleich geblieben«, erklärte der Klimawissenschaftler Helge Goessling vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven gegenüber dem »Science Media Center« (SMC). Trotzdem wurde der Planet besorgniserregend heiß. Im Jahr 2022 war die Erdoberfläche im Durchschnitt um 1,15 Grad Celsius wärmer als in der Zeit vor der großflächigen Industrialisierung.

Eines der kommenden Jahre werde in diesem Vergleich wohl erstmals die Marke von 1,5 Grad überschreiten, heißt es in dem WMO-Bericht. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 32 Prozent treffe dies sogar auf den Mittelwert des gesamten Fünf-Jahres-Zeitraums zu.

Das im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarte 1,5-Grad-Ziel würde in solch einem Moment zwar nicht gerissen – dieses bezieht sich auf den langfristigen Durchschnitt über einen 30-Jahres-Zeitraum. Doch jedes Mal, wenn die Schwelle überschritten wird, kommt die Welt dem gesetzten Grenzwert näher. Der Meteorologe Karsten Haustein von der Universität Leipzig rechnet daher laut SMC damit, dass die Paris-Marke um die Jahre 2032 bis 2035 überschritten wird.

Oberhalb von 1,5 Grad steigt laut der Klimaforschung das Risiko, dass sich die Klimakrise über Kipppunkte beschleunigt. Auch soll sich die Menschheit dann noch schwieriger als bisher an die Veränderungen anpassen können.

Überproportional stark dürften die Temperaturen weiterhin in der arktischen Region steigen. Dort rechnet die WMO bis 2027 mit einem dreimal so hohen Temperaturanstieg wie weltweit. El Niño dürfte manche Regionen trockener machen, andere feuchter. Mit mehr Niederschlägen sei etwa in Nordeuropa, Nordsibirien und Alaska zu rechnen, aber auch die eher dürregeplagte Sahelzone in Afrika. Auf Wassermangel hingegen müssten sich das Amazonasbecken oder Teile Australiens einstellen. Deutlich spürbar seien die Auswirkungen der pazifischen Zirkulation vorwiegend in der größeren Pazifikregion selbst oder um den Äquator, betonte Klimaforscher Goessling. Europa werde vergleichsweise wenig betroffen.

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