
Erdstöße in Neuseeland Warum die Menschen dem Beben entkamen
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Hamburg - Ein starkes Erdbeben hat in Neuseeland große Zerstörungen angerichtet; mehrere Menschen wurden verletzt. Schwer getroffen wurde die Stadt Christchurch im Südosten des Landes, wo etliche Häuser einstürzten. In der mit 400.000 Einwohnern größten Stadt der Südinsel wurde der Notstand ausgerufen. Die Stadt habe gewackelt wie von einem riesigen Eisberg getroffen, sagte der Bürgermeister von Christchurch, Bob Parker. Das Beben war auf der gesamten Südinsel des Landes zu spüren.
Das Beben traf die Stadt um halb fünf Uhr morgens. Viele Bewohner liefen in Schlafanzügen auf die Straße. Andere wurden nach Angaben der Feuerwehr in ihren beschädigten Häusern eingeschlossen. Das Strom- und Mobilfunknetz brach zusammen, Trümmer verschütteten Autos und blockierten Straßenzüge. Auch die Gas- und Wasserversorgung wurde unterbrochen. Plünderungen wurden gemeldet. Nach ersten Schätzungen entstand durch die Erdstöße ein Schaden von 1,1 Milliarden Euro.
Und doch: Angesichts der Stärke der Erdstöße muss von einem glimpflichen Ausgang gesprochen werden. Das Beben schüttelte Städte mit ähnlicher Wucht wie jenes in Haiti im Januar, als 260.000 Menschen starben. Beide Naturereignisse ähnelten sich wie Geschwister:
Der Vergleich beweist: Die Neuseeländer verdanken ihr Überleben der Architektur ihrer Häuser. Zwar begünstigte der Zeitpunkt des Bebens in der Nacht den Ablauf - zur Hauptverkehrszeit wären vermutlich viele auf den Straßen von Trümmern getroffen worden. Viele Häuser wurden schwer beschädigt. Doch entscheidend war, dass die meisten Bauten stehenblieben, die Bewohner nicht verschüttet wurden.
Seit 1855, als ein Starkbeben die Hauptstadt Wellington verwüstete, gelten in Neuseeland Vorschriften für erdbebensicheres Bauen. In Haiti jedoch wurden die meisten Bauten ohne Vorsichtsmaßnahmen errichtet.
Hundertmal größeres Risiko
Die glimpflichen Folgen des schweren Bebens der Stärke 7,0 in Neuseeland belegen ein fatales Gesetz: Naturkatastrophen suchen zumeist arme Länder heim. Die Wahrscheinlichkeit, in einem Entwicklungsland durch ein Naturereignis zu sterben, sei etwa hundertmal größer als in reichen Staaten, hat der Geologe John Mutter von der Columbia Universität in New York berechnet.
In wirtschaftlich starken Nationen werden hohe Summen in die erdbebensichere Architektur der Gebäude investiert. In Neuseeland wurden die Bestimmungen stetig verschärft. Nach dem Wellington-Beben 1855 gab es die Maßgabe, möglichst Holzhäuser zu bauen. Deren Einsturz ist weitaus weniger gefährlich als herabstürzender Beton.
Mitte des letzten Jahrhunderts verbesserten sich die technischen Möglichkeiten, auch Betongebäude mit Stahlstreben zu stabilisieren. Gerade an der Universität in Christchurch haben Ingenieure die architektonischen Möglichkeiten verbessert; die Uni erlangte internationales Renommee.
Der Kollaps muss verhindert werden
Insbesondere größere Gebäude wie Krankenhäuser, Schulen, Hotels und Geschäftsgebäude müssen gesichert werden. Denn große offene Räume im Erdgeschoss müssen viele Stockwerke tragen, schon leichte Erschütterungen können solche Hochhäuser einstürzen lassen.
Seit den sechziger Jahren wurden die Baugesetze in Neuseeland kontinuierlich verschärft. Die wichtigste Maxime der aktuellen Bestimmungen von 1992 lautet: Schwere Schäden im Beton lassen sich bei Starkbeben nicht verhindern - aber der Kollaps eines Gebäudes muss verhindert werden. Die Vorsorge hat nun Tausenden das Leben gerettet.
Auch die neuseeländischen Versicherungsgesetze tragen der Gefahr Rechnung. Beim Abschluss nahezu jeder Versicherung fallen Erdbebenabgaben an. Mit ihnen sollen im Ernstfall Schäden rasch behoben werden. Die Aufräumarbeiten in Christchurch haben bereits begonnen.
Nun geht es darum, die wirtschaftlichen Folgeschäden in Grenzen zu halten. Hier sind auch reiche Länder gefährdet: Auch wenn Gebäude standhalten - nach starken Erdbeben wie jetzt in Neuseeland fallen oft Kommunikations- und Verkehrswege aus.
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Stehengeblieben: Die tragenden Teile des Hauses hielten dem Starkbeben stand, so dass die Bewohner entkommen konnten. Die Südinsel Neuseelands wurde am Samstag von einem schweren Beben der Stärke 7,0 erschüttert.
Beschädigte Fassade: Auch die Bewohner dieses Hauses kamen mit dem Leben davon.
Teure Schäden: Die wichtigste Maxime der neuseeländischen Baugesetze lautet: Schwere Schäden im Beton lassen sich bei Starkbeben nicht verhindern - aber der Kollaps eines Gebäudes muss verhindert werden. Die Vorsorge hat nun wohl Tausenden Menschen das Leben gerettet.
Die Erschütterungen der Stärke 7,0 ereigneten sich nahe Christchurch, dort ruckelte die Erde am stärksten (rotes Gebiet auf der Karte). Die Karte des Geologischen Dienstes der USA zeigt, dass das Beben auf der gesamten Südinsel Neuseelands zu spüren war.
Neuseeland: Das Land im Pazifik besteht aus einer Nord- und einer Südinsel. Seine Erdkruste ist zersprungen wie eine Glasscheibe, Gesteinsnähte durchziehen das Land. Erdplatten schrammen seitlich aneinander vorbei. Ruckeln sie voran, bebt die Erde.
Zebrochene Scheiben: Wie bei diesem Gebäude in Christchurch zerbrachen viele Scheiben; Straßen sind mit Glassplittern übersät.
Feuer in einer Wohnung in Christchurch: Viele Bewohner liefen in Schlafanzügen auf die Straße. Andere wurden nach Angaben der Feuerwehr in ihren beschädigten Häusern eingeschlossen.
Verschobener Erdboden: Angesichts der Stärke der Erdstöße ist der Milliardensachschaden noch glimpflich zu nennen.
Schwere Erschütterungen: Das Strom- und Mobilfunknetz in Christchurch brach zusammen, Trümmer verschütteten Autos und blockierten Straßenzüge.
Beschädigte Tankstelle: Auch die Gas- und Wasserversorgung in Christchurch wurde unterbrochen. Plünderungen wurden gemeldet.
Teures Beben: Nach ersten Schätzungen entstand durch die Erdstöße ein Schaden von 1,1 Milliarden Euro. Einige Menschen wurden verletzt, Tote wurden nicht gemeldet.
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