Erneuerbare Energien Ökostrom wächst schneller als geplant
"Wir haben alle bislang gesetzten Ziele der früheren Regierung und der jetzigen Koalition bereits übertroffen", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am heutigen Dienstag in Berlin. Ehemals galt für 2010 das Ziel, 12,5 Prozent der Energieversorgung durch Ökostrom zu stellen. Dieser Anteil werde jedoch bereits in diesem Jahr erreicht, erklärte der Minister bei der Vorstellung der "Leitstudie Erneuerbare Energien 2007" vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. "Wir glauben, dass wir bis 2020 rund 27 Prozent erreichen können. "
Auch beim Primärenergieverbrauch, zu dem unter anderem Gas und Öl für Heizungen zählen, soll der Anteil erneuerbarer Energien steigen. Bis 2020 soll sich ihr Anteil im Vergleich zu heute verdreifachen. Der Anteil dieser Quellen solle von 5,3 Prozent im vergangenen Jahr auf 16 Prozent steigen. Der Minister setzt dabei vor allem auf Strom aus neuen Windanlagen auf hoher See und auf Biomasse.
Über das Jahr 2020 hinaus zeigt die Studie, dass bis 2030 der Anteil der erneuerbaren Energien an der Strombereitstellung bereits auf 45 Prozent steigen könnte, bis 2050 sogar auf 77 Prozent. Im Durchschnitt übernehmen die erneuerbaren Energien hierzulande in dem Szenario bis zum Jahr 2050 etwa die Hälfte der Versorung durch Primärenergie. Zusammen mit besserer Energieeffizienz könnten sie den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bis zur Mitte des Jahrhunderts um 80 Prozent reduzieren - bezogen auf das Basisjahr 1990.
Ökostrom gegen Arbeitslosigkeit
Gabriel wies darauf hin, dass sich die Ökostrombranche zu einem wichtigen Export- und Beschäftigungsfaktor entwickelt hat: 214.000 Menschen seien im vergangenen Jahr dort beschäftigt gewesen, 2004 waren es dem Ministerium zufolge noch knapp 160.000. Den größten Anteil an der Stromerzeugung hatte 2006 erneut die Windkraft. Den stärksten Zuwachs mit über 50 Prozent verzeichnete die Sonnenenergie - allerdings von einem sehr geringen Niveau aus.
Insgesamt habe die ökologische Stromerzeugung im vergangenen Jahr fast 100 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 vermieden. Gefördert wird der Ausbau in erster Linie über eine garantierte Einspeisevergütung für Ökostrom ins Stromnetz. Die wird über eine Umlage von allen Verbrauchern bezahlt. Gabriel bezifferte diese auf etwa 2,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, was pro Haushalt etwa 18 Euro entspreche. "Damit wird Klimaschutz, Arbeit und Versorgungssicherheit finanziert", betonte der SPD-Politiker. Die Umlage werde zudem in den nächsten Jahren sinken, da Ökostrom immer effizienter produziert werde.
Die Grünen haben die Ausbauziele für erneuerbare Energien des Bundesumweltministers als zu wenig ehrgeizig kritisiert. "Man kann viel mehr tun, und man sollte mehr tun", sagte der energiepolitische Sprecher Hans-Josef Fell der Nachrichtenagentur AP. Zudem habe der Minister keine neuen Maßnahmen angekündigt, wie er den Ausbau fördern wolle. Fell begrüßte jedoch Gabriels Hinweis darauf, dass er längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke ablehne. Allerdings müsse auch der Ausbau von Kohleverstromung verhindert werden.
"Nicht nur die Backen aufblasen, auch pusten"
Gabriel appellierte in seiner Rede auch an die Regierungen der Europäischen Union, Ökostrom weiter auszubauen und so - den vereinbarten Zielen entsprechend - Kohlendioxid einzusparen. "Es erfordert die Bereitschaft der Regierungschefs, nicht nur die Backen aufzublasen, sondern dann auch zu pusten."
Die EU-Kommission will den Kohlendioxid-Ausstoß in der Staatengemeinschaft bis 2020 gegenüber 1990 um 20 Prozent reduzieren. Wenn sich international weitere Staaten dazu verpflichten würden, könnte sich auch die EU bereit erklären, 30 Prozent einzusparen. Mitte Februar hatten die EU-Energieminister den Vorschlag der Kommission noch abgelehnt, verbindliche Ausbauziele für Öko-Energien bis 2020 festzulegen. Auch die EU-Umweltminister erteilten dem eine Absage. Anfang März wollen die Regierungschefs unter deutscher Ratspräsidentschaft in Brüssel erneut darüber beraten.
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