Pläne der EU-Kommission Was bedeutet das Plastikverbot?
Die EU-Kommission will bestimmte Plastikprodukte verbieten, um Umwelt und Meere besser zu schützen. Zudem sollen Hersteller für Umweltschäden zur Kasse gebeten werden. Doch was bedeutet das für Verbraucher? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wo liegt das Problem?
Weltweit werden enorme Mengen Kunststoffe genutzt und anschließend weggeworfen. Allein in der EU entstehen nach Angaben der EU-Kommission jedes Jahr rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll. Nicht mal ein Drittel davon wird wiederverwertet.
Der Rest landet auf Müllkippen oder in der Umwelt. Im Pazifik treibt bereits ein Müllstrudel der viermal so groß ist wie Deutschland. Immer wieder werden Kadaver von Wasservögeln und Fischen entdeckt, die verendeten, weil ihre Mägen voll mit Plastik waren. Bis zu 85 Prozent des Mülls an europäischen Stränden sind nach EU-Angaben Plastik, die Hälfte davon Wegwerfprodukte zum einmaligen Gebrauch.
Zudem verteilt sich Mikroplastik überall auf der Welt - es landet auf Äckern, an Stränden, selbst in der Arktis ist es bereits nachgewiesen worden. Die ökonomischen und gesundheitlichen Folgen sind noch kaum erforscht.
Was plant die EU?
Schon im Januar forderte die Brüsseler Behörde in einer Plastik-Strategie, dass bis 2030 alle Kunststoffe wiederverwertbar sein sollen. Jetzt legt sie mit konkreten Vorschlägen für Vorschriften und Verbote nach, die vor allem auf den Schutz der Weltmeere abzielen.
Demnach sollen vor allem Plastikgegenstände verboten werden, für die es weniger schädliche Alternativen gibt wie bei Plastiktellern und Strohhalmen, die auch aus Pappe hergestellt werden können. Die EU-Kommission hat zudem Plastikprodukte ins Visier genommen, die am häufigsten in Strandmüll auftauchen. Dazu gehören Besteck und Geschirr, Trinkhalme, Getränkerührstäbchen, Halter für Luftballons und Wattestäbchen.
Darüber hinaus nennt die Kommission Einmalprodukte, die nicht verboten, aber massiv zurückgedrängt werden sollen, darunter Verpackungen für Fastfood, Luftballons, Getränkeverpackungen und Deckel. Damit Deckel nicht durch die Landschaft fliegen, sollen sie gleich so konstruiert werden, dass sie künftig an Einwegflaschen oder -trinkbechern hängen bleiben.
Hersteller von Chipstüten, Zigarettenfiltern und anderen häufig in der Umwelt gefundenen Produkten sollen an den Kosten für Müllsammlungen und Infokampagnen beteiligt werden. So sollen bestimmte Produkte wie Luftballons mit auffälligen Warnhinweisen versehen werden, die die Verbraucher über die Umweltrisiken und die richtige Entsorgung aufklären.
Den EU-Staaten schließlich will die EU-Kommission das Ziel vorgeben, bis 2025 mindestens 90 Prozent der Einwegplastikflaschen getrennt zu sammeln. Eine Möglichkeit zur Umsetzung wäre ein Einwegpfand, der in Deutschland bereits 2003 eingeführt wurde.
Hat die EU nicht auch eine Plastiksteuer vorgeschlagen?
Haushaltskommissar Günther Oettinger hat erst von einer Plastiksteuer gesprochen, dann aber eine andere Variante ins Gespräch gebracht: eine Abgabe, die die EU-Staaten für nicht verwertete Plastikabfälle an die EU abführen sollen. Oettinger spricht von 80 Cent pro Kilo. Das wäre ein Anreiz, mehr zu recyceln. Wann und ob die Abgabe tatsächlich kommt, ist jedoch noch unklar.
Ab wann sollen die Verbote gelten?
Das kann dauern. Zunächst ist es nur ein Vorschlag, der nun mit dem EU-Parlament und den EU-Staaten geklärt werden muss. Vor der Europawahl 2019 wird das knapp. Und weil es eine Richtlinie werden soll, müssen die EU-Staaten sie nach der Verabschiedung noch in eigene Gesetze gießen.

Bringt der Maßnahmenkatalog denn etwas?
Die Kritik an den Plänen der EU-Kommission kommt von mehreren Seiten. Die einen halten die Vorgaben für übertrieben, andere für noch nicht drastisch genug. So moniert das wirtschaftsnahe Centrum für Europäische Politik (CEP), die Kommission schieße mit den Verboten übers Ziel hinaus und schränke die Wahlfreiheit der Verbraucher ein. Infokampagnen, Pfandsysteme und notfalls lokale Verbote reichten aus, meint CEP-Experte Moritz Bonn.
Die Grünen im Europaparlament argumentieren andersherum: Der Ansatz mit dem Verbot bestimmter Produkte sei gut, reiche aber nicht. Entscheidend seien die Reduzierung des Verpackungsmülls und höhere Recyclingquoten. Die Grünen fordern komplette Wiederverwertbarkeit von Kunststoffen schon 2025, nicht erst 2030.
Warum gerade Trinkhalme?
Plastikstrohhalme sind für Aktivisten weltweit das Symbol für unnötigen Einmalkonsum mit drastischen ökologischen Folgen. Und es geht um gewaltige Stückzahlen. Verlässliche Daten gibt es zwar nicht, aber die in Brüssel ansässige Umweltschutz-Dachorganisation Seas at Risk schätzt den jährlichen Verbrauch in den 28 EU-Ländern auf Grundlage von Handels- und Abfallstatistiken auf 36,4 Milliarden Halme. Rechnerisch nutzt demnach jeder der etwa 512 Millionen EU-Bürger 71 Stück pro Jahr.
Was sollen Verbraucher stattdessen benutzen?
Große Hersteller arbeiten längst an Alternativen für die vielleicht einmal verbotenen Produkte, auch für Trinkhalme. Im April kündigte zum Beispiel Tetrapak die Umstellung auf Papiertrinkhalme bis zum Jahresende an - dabei geht es um die Röhrchen für Saft- oder Milchpackungen zum Direktverzehr.
Bis es so weit ist, gebe es einen einfachen Rat für Verbraucher, die die Vermüllung durch Strohhalme vermeiden wollen, sagt eine Tetrapak-Sprecherin: "Schieben sie ihn zurück in die Packung, sodass sie zusammen eingesammelt und recycelt werden können.
Zudem können Verbraucher auf andere Wegwerfprodukte aus Pappe zurückgreifen. Vor macht es EU-Kommissar Oettinger. Er habe seine Saitenwürstchen immer auf dem Papierteller gegessen.