Skelette von Mensch und Schimpanse: Produkte eines langen Prozesses? (Archiv)
Foto: DPA/ UC of the Witwatersrand/ Lee BergerChicago - Neun von zehn US-Amerikanern haben einer neuen Studie zufolge Zweifel an der wissenschaftlichen Evolutionstheorie. Nur rund 9,5 Prozent seien davon überzeugt, dass Gott oder eine andere höhere Macht absolut keinen Einfluss auf die Entstehung des Universums und des menschlichen Lebens hatten, sagte Elaine Howard Ecklund von der Rice Universität. Sie berichtete über die Umfrage beim Jahrestreffen des AAAS-Wissenschaftsverbands (American Association for the Advancement of Science) in Chicago.
Die anderen rund 90 Prozent der insgesamt mehr als 10.000 Befragten gaben an, dass ihrer Meinung nach Gott oder eine andere höhere Macht ganz oder zumindest teilweise für die Entstehung des Alls, der Erde und des Menschen verantwortlich seien. Bei den Evangelikalen unter den Befragten sind laut der Umfrage sogar rund 97 Prozent dieser Ansicht. Mehr als die Hälfte von ihnen glaubt den Angaben zufolge an den Kreationismus.
Diese Theorie entstammt dem protestantischen Fundamentalismus und bestreitet die von Charles Darwin entwickelte Evolutionstheorie, nach der sich das Leben auf der Erde ohne höheres Eingreifen in Jahrmilliarden zu seiner heutigen Form entwickelt hat. Kreationisten berufen sich auf die Schöpfungsgeschichte der Bibel. Sie vertreten den Standpunkt, dass Gott das Leben in sechs Tagen erschaffen hat. Mehr als 40 Prozent der Evangelikalen sprechen sich in der Umfrage dafür aus, in den Schulen Kreationismus statt Evolutionstheorie zu lehren.
Auch Forscher sind mehrheitlich skeptisch
Von den knapp 600 Wissenschaftlern unter den Befragten glaubt den Angaben zufolge immerhin etwa jeder Fünfte, dass Gott mit der Entstehung des Universums nichts zu tun hatte.
Etwa jeder dritte US-Amerikaner sieht einen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft, wie die Umfrage ergab. "Besonders beim Thema Evolution gibt es echte Spannungen", sagte Elaine Howard Ecklund, die die Studie im Auftrag des Wissenschaftsverbands AAAS durchgeführt hatte. Ein Lichtblick sei, dass rund die Hälfte der Evangelikalen der Umfrage zufolge der Meinung sei, dass Religion und Wissenschaft zusammenarbeiten können.
Das deutliche Ergebnis der Befragung dürfte auch mit der strengen Fragestellung zusammenhängen. Dass die Mehrheit der US-Amerikaner generell an die Schöpfung glauben, hatte zuletzt auch eine Studie des renommierten Forschungsinstituts Pew Research Center gezeigt. Allerdings äußerte nur jeder dritte Befragte die feste Überzeugung, dass der Mensch vom ersten Tag so war, wie er heute ist.
Immerhin 60 Prozent aller Amerikaner glauben demnach an eine graduelle Entwicklung hin zum heutigen Menschen. Aber den Einfluss eines Schöpfers gänzlich ausschließen, das wollen offenbar nur die wenigsten, wie die nun vorgestellte Studie nahelegt. Sie darf als weiteres Alarmzeichen verstanden werden. Denn der bibeltreue Kreationismus verbreitet sich in den USA zunehmend. Und gerade Anhänger der Republikaner definieren sich selbst zunehmend durch eine Negierung wissenschaftlicher Erkenntnisse.
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Bibeltreue Protestanten: Vor allem weiße evangelikale Amerikaner lehnen die Evolutionslehre ab.
60 Prozent bejahen das Prinzip der Evolution, sagen die Pew-Forscher. Das Bild trügt jedoch: 24 Prozent der Befragten sind zwar mit der Evolution an sich einverstanden, glauben aber, die sei von Gott eingeleitet und gelenkt. In Wahrheit glauben also 57 Prozent an göttliche Schöpfung.
Wichtigster Faktor bei der Einstellung zu Glaube und Wissenschaft: Politik. Die Studie zeigt eine zunehmende Polariserung. Das christlich-fundamentale Lager sammelt sich bei den Republikanern.
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