
Rätselhafte Muster Feenkreis-Mysterium entzweit Forscher

Neue Simulationen von Feenkreisen: Muster nachgebildet
Foto: Princeton University/ Nature

Kreise in Namibischer Wüste
Foto: Jen Guyton/ Nature ResearchWenn man sie zum ersten Mal sieht, mag man seinen Augen kaum trauen: In der Wüste Namibias gibt es kahle Stellen, die nahezu perfekt kreisförmig sind. Um diese sogenannten Feenkreise herum stehen Grasbüschel.
Wie kann ein so regelmäßiges Muster entstehen? Manche Feenkreise sind zwei, drei Meter groß, andere kommen auf einen Durchmesser von 35 Metern. Hat sich da jemand einen Scherz erlaubt? Handelt es sich um die Wüstenversion der Kornkreise? Oder sind es gar die Spuren Außerirdischer?
Bisher gab es zwei konkurrierende Theorien:
Neue Simulationen von Feenkreisen: Muster nachgebildet
Foto: Princeton University/ NatureNun haben Forscher die beiden rivalisierenden Hypothesen zusammengeführt. In dem Modell, das sie in "Nature" vorstellen, gibt es sowohl Termiten als auch um Wasser konkurrierende Pflanzen. Die Kombination beider Prozesse erkläre die Entstehung der regelmäßigen Muster, schreiben Corina Tarnita von der Princeton University und ihre Kollegen.
Das neue Modell könne sowohl die kreisrunden Kahlstellen als auch die sechseckige Anordnung der Feenkreise reproduzieren. Ein Feenkreis hat demnach im Schnitt sechs Nachbarn, wobei der Winkel zwischen zwei Nachbarn jeweils 60 Grad beträgt.
"Ich stehe zu meiner Hypothese"
Darüber hinaus konnten die Forscher mit ihren Simulationen auch die Vegetationsmuster nachbilden, die zwischen den kahlen Kreisen zu beobachten sind. Dort gibt es nicht etwa einen gleichmäßig dünnen Bewuchs, sondern lediglich eine Vielzahl dichter Grasbüschel, zwischen denen nichts wächst.
Doch auch wenn die neue Studie die widerstreitenden Erklärungen vereinigt, die verstrittenen Forscher versöhnen kann sie nicht. "Ich stehe 100 Prozent zu meiner Hypothese", sagt Norbert Jürgens. Der Hamburger Biologe hält die Sandtermiten für die einzig konsistente Erklärung. Bei Grabungen an Feenkreisen habe er sie immer wieder gefunden.
"Ich bestreite nicht, dass es Interaktionen zwischen benachbarten Pflanzen gibt", sagt er. Diese reiche aber nur wenige Meter weit und könne keinen 40 Meter großen Feenkreis erklären. "Auf größeren Distanzen braucht man mobile Insekten."
Kreise in Namibischer Wüste
Foto: Jen Guyton/ Nature ResearchJürgens erklärt die weiträumig verteilten Kreise mit ausgeschwärmten Termitenköniginnen. "Es gibt etwa jedes zweite Jahr nach ausreichendem Regen Neugründungen von Kolonien." Dann würden Königinnen in großer Menge produziert und versuchten in der Umgebung, neue Kolonien zu gründen. "So entstehen immer wieder kleine Kreise, die nur ein, zwei Jahre alt sind." Manche verschwänden aber auch wieder, weil die Kolonie sterbe.
"Weder überzeugend noch realistisch"
Stephan Getzin vom Umweltforschungszentrum Leipzig hingegen hält das Insektenmodell hingegen für "rein hypothetisch". Es berücksichtige nicht die neuesten Studien dazu. Getzin verweist auf Feenkreise bei Gobabab in Namibia, die nach seiner Aussage "komplett ohne Termitenspuren" entstehen. In Australien, wo Getzins Team erstmals Feenkreise außerhalb Afrikas entdeckt hat, gebe es gar keine Sandtermiten.
Sein Fazit: Die Arbeit von Tarnita sei "weder überzeugend noch realistisch".
Hinter der Debatte steht auch ein generelles Problem von Modellierungen. Diese sollen die Abläufe in der Natur zwar möglichst detailgetreu abbilden, dürfen aber zugleich nicht zu komplex sein, damit die Berechnungen handhabbar bleiben. Wenn ein Modell ein bestimmtes Phänomen gut reproduziert, bedeutet dies zudem nicht automatisch, dass das Modell stimmt. Es kann auch Zufall sein.
So geht der Streit erst einmal weiter - und dürfte noch den einen oder anderen Doktoranden in die Wüsten Namibias, Australiens oder Kenias führen.
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Feenkreis in Namibia: Die kahlen Stellen in der Wüste bilden nahezu perfekte Kreise.
Feenkreise bis zum Horizont: Aus Mangel an plausiblen Erklärungen wurden die geheimnisvollen Runde den Tänzen von Feen zugeschrieben.
Wie können derart regelmäßige Muster entstehen? Manche Feenkreise sind zwei, drei Meter groß, andere kommen auf einen Durchmesser von 35 Metern.
Termitenhügel in Kenia: Laut einer Hypothese stecken unterirdisch lebende Insekten hinter dem Naturphänomen.
Blick auf Masai Mara (Kenia): Kreisförmige Strukturen gibt es nicht nur in der Wüste. Diese hier gehen auf Termiten zurück.
Feenkreis in Namibia: Manche Forscher erklären die rätselhaften Muster auch allein mit dem Kampf der Pflanzen um die knappen Wasserressourcen.
Ergebnisse der Simulationen: Forscher haben die beiden rivalisierenden Hypothesen nun zusammengeführt. In ihrem Modell gibt es sowohl Termiten als auch um Wasser konkurrierende Pflanzen. Die Kombination beider Prozesse erkläre die Entstehung der regelmäßigen Muster, berichten Corina Tarnita von der Princeton University und ihre Kollegen.
Feenkreis im Nordwesten Australiens mit Messgerät in der Mitte: Im Jahr 2016 haben Forscher die Strukturen erstmals außerhalb Afrikas gefunden.
Runde Geheimnisse: In Namibia waren die Naturwunder erstmals in großer Zahl beobachtet und beschrieben worden.
Foto aus dem Heißluftballon über Angola: Von Angola bis Namibia sind Feenkreise zu Abertausenden zu finden.
Vermessung des Phänomens: Stephan Getzin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ und seine Kollegen haben im Boden nach Wasser und Insekten gesucht, die Erde analysiert, Luftaufnahmen ausgewertet und Computersimulationen gestartet.
Wassermessung: Der Forscher Hezi Yizhaq untersucht den Boden im australischen Feenkreisgebiet. Forscherteams suchen mit Messungen vor Ort nach Belegen für ihre Theorien.
Stattlicher Feenkreis: Die trockensten Zonen bleiben kahl, um sie herum wachsen Gräser.
Teppich aus Kreisen: Ein solches Muster ist in der Natur sehr ungewöhnlich, da sind sich Laien und Wissenschaftler einig.
Gleichmäßige Anordnung: Ein Feenkreis hat im Schnitt sechs Nachbarn, wobei der Winkel zwischen zwei Nachbarn jeweils etwa 60 Grad beträgt
Hunderte Graskreise: "Wir haben ein weltweit gültiges Entstehungsprinzip gefunden", sagt Stephan Getzin vom Umweltforschungszentrum Leipzig. Seine Theorie basiert allein auf einer Rückkopplung der Pflanzen untereinander.
Mysterium: Ufos, Landminen, Insekten, Meteoriten, Erdgase und kosmische Strahlen waren als Erklärung im Gespräch.
Kreisvegetation im Dürregebiet: "Ich stehe 100 Prozent zu meiner Hypothese", sagt Norbert Jürgens von der Universität Hamburg.
Ausnahme: Mitunter wachsen auch einzelne Gräser innerhalb eines Feenkreises.
Nordwesten Australiens: Die Kreise entstehen, weil sich Gräser bei extremer Wasserknappheit so anordnen, dass sie möglichst viel Wasser bekommen - so erklärt es Stephan Getzin. Weniger gut platzierte Gräser gehen ein.
Selbstorganisation: Der Theorie Getzins zufolge entstehen die Grasringe quasi von selbst, also ohne die Wirkung von Insekten, Gasen oder anderem.
Namibia: Diese Feenkreise dokumentieren, dass die Ringe sich gleichmäßig verteilen.
Savanne in Namibia: Großtiere wurden als Schöpfer der Runde nicht in Erwägung gezogen.
Landschaft in Namibia: Die Grasrunde entstehen in unwirtlichen, trockenen Gegenden, wo meist keine Menschen hinkommen.
Rätsel der Savanne: "Auf größeren Distanzen braucht man mobile Insekten", meint der Hamburger Forscher Getzin.
Fleckenlandschaft: Ufos, Meteoriten, Landminen oder kosmische Strahlen - alles Quatsch, sagen Wissenschaftler.
Kahle Fläche: Nicht selten erreichen die Kreise einen Durchmesser von 20 Metern - auch fast 40 Meter wurden schon beobachtet.