
Pandas: Gefährdete Sympathieträger
Fehlende Gen-Vielfalt Beengter Lebensraum gefährdet Pandas
Die Umweltorganisation WWF führt ihn im Logo, er genießt weltweite Prominenz - eine erstaunliche Geschichte angesichts der Tatsache, dass der Panda global kaum eine Rolle spielt. Denn sein Verbreitungsgebiet ist mit aktuell noch knapp 6000 Quadratkilometern geradezu winzig. Schon seit fünf Millionen Jahren bewohnen die schwarz-weißen Bären chinesische Berggebiete am Rand des tibetischen Hochlands. Doch der Mensch beschneidet ihren Lebensraum immer weiter. Heute leben nur noch etwa 1600 Tiere in einigen isolierten Gebieten. Eine chinesische Studie belegt nun erstmals, dass die räumliche Aufspaltung gefährliche Auswirkungen auf die genetische Vielfalt hat.
Der Austausch von Erbinformationen und eine gewisse genetische Vielfalt spielen für das langfristige Überleben einer Spezies eine große Rolle. "Wenn die Bestände nicht groß genug sind, kommt es zu einer genetischen Verarmung", sagt Volker Homes, der beim WWF Deutschland die Abteilung für Artenschutz leitet. "Ohne eine gewisse genetische Vielfalt gehen Abwehrmechanismen verloren, das Inzest-Risiko steigt, und die Population wird krankheitsanfälliger." Je stärker die Lebensräume verinseln, desto wahrscheinlicher werde es, dass "katastrophale Ereignisse zum Auslöschen der betroffenen Population führen".
Schon lange wurde vermutet, dass geografische Faktoren Auswirkungen auf die genetische Vielfalt haben. Bisher gab es jedoch keine Panda-Studien, die diese Hypothese hätten bestätigen können. Die von Wissenschaftlern um Fuwen Wei von der Chinese Academy of Sciences im Fachmagazin "BMC Genetics" veröffentlichte Studie bringt jetzt einen wissenschaftlichen Nachweis für die Beziehung zwischen geografischen und genetischen Faktoren. In ihrer Studie untersuchten die Forscher die genetischen Muster in vier isolierten Panda-Gebieten in den Gebirgszügen Xiaoxiangling und Daxiangling (siehe Grafik links). Die Regionen, in denen zusammen nur 60 Tiere leben, sind aufgrund landschaftlicher Faktoren isoliert.
Die Forscher sammelten fast 200 Stuhl- und Blutproben und gelangten so an das Erbgut von 53 Einzeltieren. Per Computer wurde aus diesen Daten der genetische Abstand zwischen den Tieren bestimmt und mit dem räumlichen verglichen. Das Resultat: Die Pandas in Xiaoxianling unterschieden sich genetisch durchgehend von denen in Daxiangling.
Die Ergebnisse stützen die in der Wissenschaft verbreitete Annahme, dass sich Einflüsse aus Landschaft und Umwelt auf den Genpool auswirken. Zudem scheinen sie den Lebensgewohnheiten der Tiere zu entsprechen. Pandas sind Einzelgänger, bewohnen ein Revier von vier bis sechs Quadratkilometern und essen fast den ganzen Tag über Bambus. Höhenunterschiede, steile Gefälle, Störungen durch Menschen, die einseitige Bambusernährung und der Rückgang des Bambuswaldes schränken die Mobilität der Tiere ein. Fest steht: Die Pandas bewegen sich kaum zwischen den isolierten Arealen hin und her. Den genauen Grund dafür kennt Wei nicht, möchte ihn aber in kommenden Studien genauer untersuchen. Er geht davon aus, dass hauptsächlich der Bambuswaldbestand die Mobilität der Pandas beeinflusst.
Die Bären ernähren sich auf eine merkwürdige Art. Obwohl ihr Verdauungssystem auf energiereiches Fleisch ausgelegt ist, fressen sie am liebsten nährstoffarme Bambuspflanzen. 10 bis 20 Kilo vertilgt ein Panda täglich, um seinen Energiebedarf zu decken. Dafür braucht er etwa 14 Stunden.
Mit dem Bambus hat sich der Panda kein praktisches Lieblingsessen ausgesucht. Je nach Art blühen Bambuspflanzen alle 12 bis 120 Jahre. Anschließend sterben die Gewächse ab - und da die Pflanzen einer Region oft gleichzeitig blühen, kann das Absterben große Gebiete betreffen. In Ansätzen belegt bereits die aktuelle Studie die Bedeutung des Waldbestandes.
Zunächst verglichen die Forscher den genetischen Abstand zwischen den Bärengruppen mit dem direkten räumlichen Abstand. Allerdings bewegen sich Pandas nicht auf geraden Linien, sondern meist entlang von bambusbewaldeten Pfaden. Deshalb bezogen die Forscher auch diese Distanzen in ihre Berechnungen ein. Dabei zeigte sich, dass der "Bambus-Abstand" einen größeren Einfluss auf die genetische Entfernung hatte als der normale Abstand.
Um die Zukunft des Pandas nachhaltig zu sichern, wird es darauf ankommen, die noch verbliebenen und voneinander isolierten Rückzugsgebiete durch Aufforstung miteinander zu verbinden - da sind sich Wei und Homes einig. Die Situation durch direktes menschliches Eingreifen zu verbessern, erscheint weniger vielversprechend. So könne man die Tiere zum Beispiel nicht einfach durch Einfangen und gezieltes Aussetzen wieder zusammenbringen, sagt Homes. Ein ähnlicher Versuch mit Zuchttieren sei daran gescheitert, dass die bereits in einem Territorium ansässigen Tiere die Neuzugänge nicht akzeptiert, sondern angriffen hätten.