Artenreichtum Fisch-Vielfalt in Baggerseen verblüfft Forscher

Flach, künstlich, oft voller Badegäste - Baggerseen gelten nicht gerade als Naturrefugien. Jetzt aber kommt eine Studie zu einem überraschenden Ergebnis: Die von Menschen geschaffenen Seen besitzen eine ähnlich bunte Fischwelt wie natürliche Gewässer.
Baggersee bei Riepe in Niedersachsen: Gute Chancen auf reichen Fang

Baggersee bei Riepe in Niedersachsen: Gute Chancen auf reichen Fang

Foto: Ingo Wagner/ dpa

Rein optisch haben Baggerseen wenig gemeinsam mit den urwüchsigen natürlichen Gewässern. Doch in der Tiefe zeigt sich: Gerade flache Baggerseen beherbergen eine ähnlich große Artenvielfalt wie uralte natürliche Seen, berichten Forscher. Selbst bedrohte Fische wie der Bitterling oder der Steinbeißer fühlen sich in den einstigen Abbaugruben wohl.

Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin und seine Kollegen verglichen 18 während der Eiszeit entstandene Naturseen aus Brandenburg mit 19 flachen Baggerseen aus Niedersachsen, die jünger als hundert Jahre sind. Die künstlichen flachen Abgrabungsgewässer gibt es überall in Deutschland, sie sind den Naturseen in Struktur und Pflanzenbewuchs am Rand ähnlich.

Die von den Forschern untersuchten Baggerseen wurden von Angelvereinen gepflegt und bewirtschaftet, während die Vielfalt der natürlichen Seen sich selbst überlassen war. "Häufig wird Anglern unterstellt, dass sie zur Steigerung des Fangerfolgs nichtheimische Fische wie Regenbogenforellen oder Graskarpfen aussetzen", sagt Arlinghaus. "Wir haben aber kaum Exoten in den bewirtschafteten Gewässern nachweisen können. Das spricht für eine nachhaltige Bewirtschaftung." Beachtet werden müsse allerdings, dass die Studie nur Uferregionen beleuchte.

Strom legt Fische lahm

Um den Fischbestand zu untersuchen, nutzten die Forscher die sogenannte Elektrofischerei: Strom betäubt die Tiere kurz, ohne sie umzubringen. Rund zwei Dutzend Arten von Aal bis Zander kamen so zum Vorschein,schreiben Arlinghaus und sein Team im Fachblatt "Limnologica" . Am häufigsten war demnach der Barsch - ein dem Zander ähnelnder Raubfisch - und die kleinen karpfenähnlichen Arten Rotauge (auch Plötze genannt) und Rotfeder.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass flache Baggerseen eine ähnliche Fischartenvielfalt haben wie kleine Naturseen. Demnach bieten auch künstlich geschaffene Gewässer genug Fischunterstände und Laichmöglichkeiten für ein naturnahes Aufkommen.

Obwohl sich die Studie auf norddeutsche Gewässer beschränkte, ist sie nach Meinung der Forscher auf andere Regionen Deutschlands übertragbar. Fest stehe, dass sich auch in künstlichen Seen eine dem Gewässertyp angepasste Fischgemeinschaft entwickeln könne, die recht stabil sei. "Hat sich erst einmal eine sich selbst reproduzierende Fischgemeinschaft etabliert, ist diese auch durch das Hinzufügen weiterer Fische durch Menschenhand nicht nennenswert veränderbar", erläutert Arlinghaus.

jme/dpa
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