Heißer Sand durch Klimakrise Fast alle jungen Meeresschildkröten in Florida sind weiblich – wegen Hitze

In den letzten vier Jahren waren fast alle frisch geschlüpften Meeresschildkröten in Florida weiblich. Die Gründe dafür hängen höchstwahrscheinlich mit der Erderwärmung zusammen.
Eine Meeresschildkröte kriecht in Oaxaca (Mexiko) ins Meer

Eine Meeresschildkröte kriecht in Oaxaca (Mexiko) ins Meer

Foto: Edgar Santiago García/ dpa

Fast jede Meeresschildkröte, die in den vergangenen vier Jahren an den Stränden des US-Bundesstaats Florida das Licht der Welt erblickt hat, ist weiblich. Offensichtlich ist daran der heiße Sand schuld. »Es ist beängstigend: Die letzten vier Sommer waren die heißesten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen«, bestätigt Bette Zirkelbach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Zirkelbach ist Leiterin einer Schildkröten-Klinik in Marathon, einer Stadt auf den Florida Keys, einer Kette tropischer Inseln ganz im Süden von Florida. »Wissenschaftler, die sich mit dem Schlüpfen von Meeresschildkröten befassen, haben in den letzten Jahren keine männlichen Schildkröten gefunden.«

Weiblich durch heißen Sand?

Nach Angaben der US-Seebehörde National Ocean Service  hängt das Geschlecht von Meeresschildkröten davon ab, wie warm die Eier gelagert werden. Wenn die Umgebungstemperatur unter 27 Grad Celsius ist, werden die Schildkrötenbabys männlich. Bei über 31 Grad Celsius werden sie weiblich. Temperaturen dazwischen ergeben einen Mix aus beiden Geschlechtern.

Je heißer also der Sand, desto mehr Weibchen unter den Meeresschildkröten. »Angesichts des Klimawandels könnten erhöhte Temperaturen zu verzerrten oder sogar tödlichen Brutbedingungen führen, was Auswirkungen auf Schildkrötenarten und auch andere Tierarten haben könnte«, warnt der National Ocean Service.

Genau das befürchtet auch Melissa Rosales Rodriguez, Mitarbeiterin der kürzlich eröffneten Schildkröten-Klinik im Zoo von Miami. »Über die Jahre dürften wir einen starken Rückgang der Population beobachten«, sagt sie gegenüber Reuters.

Schon 2018 in Australien

Eine Studie von 2020  über den Zusammenhang von Temperatur, Geschlecht und Klimawandel bei Meeresschildkröten stellt die These auf, dass der Überhang weiblicher Tiere bei Hitze eigentlich das Überleben zum Ziel haben solle: Je mehr Hitze, desto mehr Schildkröten sterben, also braucht es mehr Nachwuchs durch mehr weibliche Tiere.

Vor vier Jahren gab es in Australien bereits ähnliche Beobachtungen. Dort waren ebenfalls nach einem sehr heißen Sommer 99 Prozent der frisch geschlüpften Schildkröten weiblich, wie etwa »National Geographic«  unter Verweis auf eine wissenschaftliche Untersuchung im Fachmagazin »Current Biology«  berichtete.

Das Geschlecht der meisten Arten von Schildkröten, Alligatoren und Krokodilen wird erst nach der Befruchtung bestimmt und wird von der Umgebungstemperatur der Eier beeinflusst. Dieser Zusammenhang wird als »TSD« bezeichnet, »temperature-dependent sex determination«, temperatur-abhängige Geschlechtsbestimmung.

mgo/Reuters
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