
Photosynthese Das grüne Wunder
Sallie Chisholm redet nicht lange drum herum: "Ich finde, dass sich jeder Mensch jeden Tag vor der Sonne verbeugen sollte. Und danach vor einer Pflanze." Sie meint das weder ironisch, noch steht sie im Verdacht, esoterisch angehaucht zu sein. Sie findet nur, dass die Leistungen der Natur nicht genügend gewürdigt werden. "Manchmal wache ich morgens auf und denke, ich dreh' durch, weil sich niemand darum kümmert."
Ihr Kopfschütteln über die Ignoranz der Welt kommt nicht von ungefähr: Seit 25 Jahren erforscht die Ökologin vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) Mikroben, die das Meer bevölkern und denen das Leben auf der Erde viel zu verdanken hat. In den Ozeanen leben so viele von ihnen, dass Chisholm sie gar als "unsichtbaren Wald" bezeichnet. Unsichtbar, weil er unter der Meeresoberfläche verborgen liegt. Unsichtbar aber auch, weil man ein starkes Mikroskop braucht, um ihn überhaupt zu bemerken.
Die unscheinbaren Organismen saugen Kohlendioxid aus der Atmosphäre und produzieren dabei Sauerstoff, den wir Menschen und alle Tiere zum Atmen brauchen. Genau wie Bäume, Gräser oder Blumen beherrschen sie den Trick, Sonnenlicht in Zucker oder Öle zu verwandeln. Die Rede ist von der Photosynthese, dem wichtigsten Prozess unter der Sonne.
Praktisch jede bekannte Lebensform ist entweder direkt oder indirekt von der Sonne abhängig. So entsteht durch ihr Licht pflanzliche Nahrung für Tier und Mensch. Und das nicht zu knapp: Fast 160 Milliarden Tonnen Trockenmasse aus Blättern, Stängeln, Blüten, Stämmen oder Wedeln fallen Jahr für Jahr an - allein an Land. Auch die fossilen Energieträger Erdgas, Öl und Kohle würde es ohne Photosynthese nicht geben. Sie sind über Jahrmillionen hinweg aus Pflanzenresten entstanden, gebundenes Sonnenlicht sozusagen.
Künstliche Photosynthese könnte uns ein paar Energiesorgen abnehmen
Es ist ein exklusiver Klub, der die Photosynthese nutzt. Algen, Pflanzen und Bakterien können das, aber der Mensch nicht. Noch nicht. Überall auf der Welt arbeiten Forscher mit Hochdruck daran, den natürlichen Prozess auch technisch zu nutzen. Sie versuchen Pflanzen zu züchten, die effektiver Kohlendioxid aufnehmen und so mehr Biomasse bilden. Sie züchten Algen und Bakterien, die Sonnenlicht in Biotreibstoffe verwandeln. Sie konstruieren künstliche Blätter, die Wasserstoff liefern. Ihre Motivation ist groß, denn die Quelle, die sie anzapfen wollen, ist freigiebig und zuverlässig: Die Energiemenge, die in nur einer Stunde als Sonnenlicht auf der Erde eintrifft, würde ausreichen, den Bedarf der Menschheit für ein knappes Jahr zu decken. Organismen sammeln davon Jahr für Jahr durch Photosynthese 1350 Terawatt ein. Zum Vergleich: Die Menschheit braucht 16 Terawatt an Energie. Die künstliche Photosynthese hat also das Zeug dazu, uns ein paar Energiesorgen abzunehmen.
Forschungsbereich künstliche Photosynthese
Japanische Teams sind bereits sehr erfolgreich bei der Entwicklung neuartiger Solarzellen nach dem Photosynthese-Prinzip, Großbritannien hat eine eigene Initiative dafür ausgelobt, das amerikanische Energieministerium lässt über fünf Jahre hinweg 122 Millionen Dollar in ein "Zentrum für künstliche Photosynthese" in Kalifornien fließen. "Künstliche Blätter werden zwar nicht aussehen wie ihre natürlichen Vorbilder, aber ihre Funktion ist von der Natur inspiriert, um die größte Energiequelle der Welt - die Sonne - anzuzapfen", sagt Nathan Lewis, Chemie-Professor am California Institute of Technology in Pasadena, der das Projekt leitet.
Auch in Deutschland befassen sich viele Arbeitsgruppen mit dem Thema. Etwa Alfred Holzwarth, Professor am Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie in Mülheim an der Ruhr. Er benutzt den Begriff "künstliche Photosynthese" allerdings sehr zurückhaltend, er spricht eher von "verschiedenen Möglichkeiten, um Sonnenenergie in Energieträger zu verwandeln". Solarzellen, wie sie auf vielen deutschen Dächern inzwischen installiert sind, seien zu teuer, um die gesamte Menschheit mit Sonnenstrom zu versorgen.
Und ein weiteres Problem gibt es da: Strom lässt sich nicht so einfach in großen Tanks speichern wie Öl oder Benzin und auch nicht auf Halden wie Kohle. Sinnvoller wären Methan, das man in das bestehende Erdgasnetz speisen könnte, oder Ethanol, das von der Infrastruktur, die längst für flüssige Treibstoffe existiert, problemlos aufgenommen werden könnte. Zur Not auch Wasserstoff, der sich leicht zu anderen Energieträgern umwandeln lässt oder pur verwendet werden kann. Immerhin liefert ein Kilogramm Wasserstoff so viel Energie wie drei Kilogramm Benzin.
Tagsüber Wasserspaltung, nachts Zuckerproduktion
Auch während der Photosynthese entsteht Wasserstoff, jedenfalls in vielen der Organismen, die Licht als Energiequelle nutzen können. Sie schaffen es, so viel Energie der Sonne einzufangen, dass die molekularen Maschinen ihrer Photosyntheseapparate genug davon haben, um damit Wassermoleküle in ihre Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Den Wasserstoff nutzen die Photosyntheseorganismen, um daraus energiereiche chemische Verbindungen aufzubauen, wie eben Zucker. Dazu nehmen sie außerdem Kohlendioxid aus der Luft auf und bauen den Kohlenstoff daraus in die neuen Zuckermoleküle ein.
Pflanzen teilen diesen Prozess, einfach gesagt, in zwei Schritte: Die Wasserspaltung läuft bei Tag im Sonnenlicht. Zucker produzieren die Zellen überwiegend während der Nacht - das Ergebnis von mehreren hundert Millionen Jahren Perfektionierung.
Die ersten Trendsetter der neuen Technik waren Einzeller, die bis dahin an heißen unterirdischen Quellen lebten. Vor rund zwei Milliarden Jahren begannen sie, das Licht der Sonne für ihre Nährstoffversorgung zu nutzen. An den Rändern der Ur-Ozeane entwickelten sie sich zu grün und violett schimmernden schleimigen Matten, in denen die Evolution mit Elan zu Werke ging. Die bedeutsamste Zutat ist dabei der Farbstoff Chlorophyll, der noch heute allen Blättern ihre grüne Farbe gibt. Diese Pigmente absorbieren Licht wie Sonnenkollektoren.
Einverleibte Mikroben betrieben weiterhin Photosynthese
Wasser spalten konnten die ersten Photosynthese-Organismen noch nicht. Erst als einige Bakterien einen ganzen Maschinenpark hervorbrachten, in dem über hundert verschiedene Moleküle zusammenwirken, gelang es ihnen, die sehr starke Bindung der Wassermoleküle aufzuspalten, das Wasser quasi zu knacken und die dabei frei werdende Energie zu nutzen. Der erste Schritt war getan.
Wenn man sich einen Grashalm unter einem Mikroskop anschaut, kann man sich leichter vorstellen, wie die Geschichte weiterging: In den Zellen des Halmes schweben winzige grüne Scheiben, Chloroplasten nennt sie der Fachmann. Die Theorie besagt, dass sie die evolutionären Überbleibsel einer uralten Symbiose sind. Demnach wurden Photosynthese-Bakterien von anderen Einzellern verschluckt, und zwar ohne verdaut zu werden. Die einverleibten Mikroben betrieben weiterhin Photosynthese und versorgten ihren Wirt mit Nährstoffen. Ein gutes Geschäft für beide.
Der Prochlorococcus - ein wichtiger Winzling
Vor rund 25 Jahren entdeckte die Ökologin Chisholm im Meer eine bis dahin unbekannte Bakterienart, die perfekt zum Steckbrief dieser sogenannten Endosymbionten passte. Das Bakterium ist der bislang kleinste Organismus, der die Photosynthese beherrscht. Und es ist der zugleich wahrscheinlich bedeutsamste auf dem Planeten. Chisholm und ihre Kollegen fanden 100 Millionen Zellen in nur einem Liter Meerwasser. Jede einzelne ist in der Lage, aus Sonnenlicht, CO2 und Wasser Nahrung für sich selbst zu erzeugen. Zusammengenommen produzieren sie rechnerisch den Sauerstoff von jedem vierten unserer Atemzüge. Für die meisten Menschen sei allerdings der Name der Mikrobe schon Grund genug, ein Gespräch zu beenden, sagt Chisholm. Wer kann schon "Prochlorococcus" auf Anhieb unfallfrei aussprechen?
Auch dieser primitive Winzling beherrscht bereits den Doppelschritt von Licht- und Dunkelreaktionen, von Sonnenenergie einfangen bei Tag und Nährstoffproduktion bei Nacht. Auch wegen dieser Aufteilung hält der Photosyntheseforscher Alfred Holzwarth die Photosynthese für das perfekte Vorbild für künstliche photochemische Systeme. Während die Evolution den ersten Teilprozess perfektioniert und hocheffizient gestaltet hat, geht allerdings im zweiten eine Menge Energie verloren. "Deshalb versuchen wir auch, die Zwischenprodukte zu nutzen und nicht die natürlichen Endprodukte Zucker oder Öl", sagt Holzwarth, der die deutsche Gruppe in einem europäischen Photosynthese-Verbundprojekt leitet.
Ganz in diesem Sinne kam auch Daniel Nocera vom MIT auf die Idee, Wasserspalter zu werden. Von Sallie Chisholms Labor zum Büro von Daniel Nocera muss man nur über eine Straße gehen und sich durch ein paar Institutsgebäude schlängeln, schon ist man da. Der Chemiker träumt seit Jahren davon, den Photosynthesetrick im Labor nachzuahmen. Im Herbst vergangenen Jahres konnte Nocera endlich Erfolg vermelden und präsentierte der Weltöffentlichkeit das erste künstliche Blatt. Es ist groß wie eine Spielkarte und grau. Wenn man es in ein Glas voll Wasser stellt und eine Lampe darauf richtet, dann sieht man Bläschen von der matten Oberfläche aufsteigen: Wasserstoff, den eine Brennstoffzelle zu Strom verwandeln könnte oder ein Brenner in Wärme, für das Mittagessen oder eine heiße Dusche.
Der Wasserspalter des Daniel Nocera
Man kann für viel Geld Elektrolyse-Maschinen kaufen, die Wassermoleküle in einem elektrischen Feld in ihre Bestandteile zerreißen und den Wasserstoff dabei auffangen. Diese Geräte verbrauchen allerdings sehr viel Energie und benötigen Elektroden aus Platin oder anderen Edelmetallen. Nocera suchte über ein Jahrzehnt nach einem effektiveren Weg und wurde vor vier Jahren für seine Ausdauer belohnt. Im Frühjahr 2008 rührte der Chemiker nach einer Reihe wenig erfolgreicher Versuche Kobalt- und Phosphatpulver in ein Becherglas voll Wasser, hängte zwei gewöhnliche Elektroden in das Gemisch, setzte das Ganze unter Strom und sah bald die verheißungsvollen Bläschen aufsteigen. Noceras Pulvermischung macht die Elektrolyse mit einem Mal sehr viel effizienter und billiger.
Vier Jahre brauchte Nocera, um aus der ersten Entdeckung einen funktionierenden Prototypen zu entwickeln. Heute mischt er seinen Katalysator nicht mehr ins Wasser, sondern trägt ihn auf die Rückseite von handelsüblichen Solarpaneelen auf. Sie liefern die geringen Strommengen, die auch Noceras Wasserspalter benötigt. Mit 2,5 Prozent Wirkungsgrad ist sein künstliches Blatt schlechter als das natürliche Vorbild und hinkt weit hinter modernen Solarzellen hinterher. "Das ist vielleicht nicht der leistungsfähigste Weg, Wasser zu spalten", sagt der Chemiker, "aber es ist der billigste und robusteste, den wir bislang kennen." Mit robust meint er, dass sein System angeblich über Monate hinweg ohne Leistungsabfall funktioniert, sogar wenn er das Wasser aus dem Charles River verwendet, der die Universitätsstadt Cambridge von der Metropole Boston auf der anderen Flussseite trennt. Selbst im Sommer sieht man darin keine Schwimmer. Die Konstruktion kommt auch mit schmutzigem Wasser zurecht, da sich der Katalysator selbst erneuert - Algenwuchs und Dreck haben keine Chance.
Die Zukunftsvisionen der Bioingenieure
Schmutzwasser, Sonne und noch dazu billig? Die Erfindung scheint wie geschaffen für Entwicklungsländer zu sein. Mithilfe des indischen Milliardärs Ratan Tata wollte Nocera bereits im vergangenen Jahr die ersten Prototypen auf indische Dächer bringen. Vier Liter Wasser pro Tag und Sonnenlicht sollten den Energiebedarf einer Familie decken. Doch bislang ist es allein bei der Ankündigung und dem spielkarten-großen Prototypen geblieben. Wann sein künstliches Blatt endlich zu einem kommerziellen Produkt werden könnte, mag der sonst nicht unbedingt zu Bescheidenheit neigende Erfinder nicht vorhersagen. Auch zum Preis schweigt er.
Noceras Wasserspalt-Katalysator ist nur ein Versuch, die wichtigste Blattfunktion zu kopieren. So viele weitere Forscher es in diesem Feld gibt, so viele verschiedene Ansätze verfolgen sie. Einig sind sie sich jedoch darin, dass künstliche Blätter niemals so schön im Sommerwind rascheln werden wie die natürlichen Vorbilder. Und sie werden auch kaum ihre Farbe wechseln im Herbst. Viel wahrscheinlicher werden sie aussehen wie die gewohnten Solarzellen, vielleicht auch wie jene Luftpolsterfolie, die man zum Einpacken empfindlicher Gegenstände verwenden kann.
Neben diesen Zukunftsvisionen nehmen sich die Versuche von Bioingenieuren, Pflanzen zu züchten, die Sonnenlicht effizienter in Biomasse verwandeln können, geradezu konservativ aus - selbst wenn sie dafür Methoden der Gentechnik verwenden wollen. Koordiniert vom Internationalen Reisforschungsinstitut IRRI auf den Philippinen versucht ein internationales Forscherteam, die Reisernte zu steigern. Denn das wichtigste Nahrungsmittel der Erde wächst an einer aus unserer Sicht sehr unwirtschaftlichen Pflanze. Wie die meisten Gewächse verliert auch Reis etwa ein Drittel der eingefangenen Sonnenenergie auf dem Weg von den Blattspitzen zum fertigen Korn - in den Augen eines technikbegeisterten Ingenieurs oder Forschers ganz klar eine Fehlkonstruktion der Natur.
Der Pflanzenstoffwechsel soll "modernisiert" werden
Sogenannte C4-Pflanzen, zu denen etwa Mais, Hirse, Zuckerrohr und Chinaschilf zählen, sind nicht so verschwenderisch. Ihr Stoffwechsel bekam vor etwa 25 Millionen Jahren eine Modernisierung, die ihnen erlaubt, den Doppelschritt von Licht- und Dunkelreaktionen der Photosynthese nicht nur zeitlich zu trennen, sondern auch räumlich. Sie haben spezialisierte Zellen, die das Kohlendioxid bei Nacht absorbieren, wenn es kühler ist und die Pflanzen ihre Poren öffnen können, ohne viel Wasser über die Verdunstung zu verlieren. So wachsen sie schneller und verbrauchen dabei weniger Düngemittel und Wasser. "C4" heißen sie übrigens, weil ihre ersten Zwischenprodukte auf dem Weg zum Zucker, L-Malat und L-Aspartat aus vier Kohlenstoffatomen aufgebaut ist. Das C steht für Kohlenstoff. Alle anderen Pflanzen fallen in die Kategorie C3 und haben eben nur drei C in ihrem ersten Zwischenprodukt.
In etwa 50 Fällen hat die Evolution diesen Photosynthese-Turbo erfunden. Auch die Reispflanze kann in diesen Modus umschalten - theoretisch. In ihrem Genom trägt sie jedenfalls alle notwendigen Erbanlagen. Die Gene müssten nur aktiviert werden, und die weltweite Reisernte könnte sich verdoppeln, so schätzen manche Forscher.
Das wirtschaftliche Potenzial der Photosynthese
Was theoretisch einfach klingt, ist ein Forschungsvorhaben mit bislang noch sehr vielen unbekannten Faktoren in der Gleichung namens Photosynthese, und es hat einen zeitlichen Horizont von wenigstens 20 Jahren. Das renommierte Wissenschaftsjournal "Nature" glaubt dennoch, dass dieses Projekt die Welt verändern kann. Ohne Gentechnik wird es allerdings nicht funktionieren. Bis es soweit sein kann, müssen sich nach den Prognosen der Welternährungsorganisation FAO die Erträge der wichtigsten Nahrungspflanzen verdoppeln, um die wachsende Weltbevölkerung satt zu bekommen.
Die vermeintlichen Fehler, die die Evolution im Laufe von ein paar Hundertmillionen Jahren nicht verbessern konnte, will nun der Mensch ausmerzen. Das klingt nach Größenwahn, könnte aber die Erträge von vielen Pflanzen auf dem Feld und von Algen und Bakterien in Bioreaktoren steigern. Denn auch dort machen sich Ingenieure die Photosynthese zunutze. In Bioraffinerien wachsen einzellige Organismen heran, filtern CO2 aus der Luft und bauen es in Substanzen ein, die sich chemisch zu Biodiesel oder Ethanol umbauen lassen. Das amerikanische Militär investiert Millionen Dollar in die Erforschung dieser alternativen Treibstoffquellen für Flugzeuge, Panzer und Schiffe. Erste Testflüge gab es bereits mit Biokerosin. Dem Verteidigungsministerium geht es dabei allerdings mehr um Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit als um Umweltverträglichkeit. Ob dieser Sprit ökologisch die bessere Alternative sein wird, hängt davon ab, wie er im Großmaßstab produziert werden wird. Dazu gibt es noch keine Aussagen.
Auch das wirtschaftliche Potenzial des winzigen Prochlorococcus erkunden Chemiker längst. Sie wollen den Photosyntheseapparat der Zellen so umprogrammieren, dass er Biotreibstoff produziert. Allerdings macht es ihnen der Winzling nicht leicht: Obwohl sich schon viele daran versucht haben, ist es noch keinem Menschen gelungen, sein Erbgut gentechnisch zu verändern.
Sallie Chisholm wundert sich darüber, wie das industrielle Interesse an ihrem Schützling wächst. Aber auch sie glaubt, dass "Pro", wie sie ihn nennt, ein brauchbares Chassis für die Biotreibstoffproduktion der Zukunft abgeben kann. Selbst wenn sich die Zellen bislang nicht per Gentechnik aufmotzen lassen, können Forscher von ihnen lernen, wie die Minimalausstattung eines Photosynthese-Organismus aussieht, und ihn vielleicht eines Tages in künstlichen Mikroben nachbauen.
Die Renitenz der Bakterien bereitet ihrer Entdeckerin dabei erkennbar Freude: "Ich feuere sie insgeheim an, dass sie weiter widerstehen." Ihr Geheimnis soll ruhig noch eine Weile ein Geheimnis bleiben. Ein bisschen Respekt vor der Natur kann schließlich nicht schaden.