Ameisenbär neben Termitenhügel - oder doch nicht?
Foto: Marcio Cabral/ Wildlife Photographer of the YearDie Geschichte, die der brasilianische Fotograf Marcio Cabral zu seinem Gewinnerfoto auftischte, klang nach viel Arbeit und Geduld: Wochenlang habe er im zentralen Savannenhochland von Brasilien im Bundesstaat Goiás gecampt, bis im Nationalpark Emas die richtigen Bedingungen für das perfekte Foto vorhanden waren. Irgendwann habe es dann geklappt, endlich leuchteten die Schnellkäfer in zartem Grün, jene Tiere, die zur Biolumineszenz fähig sind und auf die Cabral es abgesehen hatte.
Als er gerade auf den Auslöser drücken wollte, kam es aber noch besser: Aus der Dunkelheit sei ein gigantischer Ameisenbär ins Bild geschlendert, ohne den Fotografen in seinem Versteck zu bemerken. Das Tier begann demnach, den Hügel mit seinen kräftigen Klauen zu attackieren. Cabral stellte auf Langzeitbelichtung und drückte ab.
Was für ein Glück - ein außergewöhnliches Foto.
Das sah zunächst auch die Jury des Wildlife Photographer of the Year Award so. Der Preis wird jährlich vom Londoner Natural History Museum vergeben, er gehört zu den renommiertesten der Branche. Hier werden jedes Jahr fast 50.000 Beiträge aus 92 Ländern eingereicht. Zumindest in der Kategorie "Tiere in ihrer Umwelt" überzeugte kein Bild die Experten mehr als die Aufnahme von Cabral.
Doch nun hat die Jury dem Fotografen den Preis aberkannt, schreibt das Natural History Museum auf seiner Internetseite. Der Grund: Das Bild soll gestellt gewesen sein, der Ameisenbär ist offenbar ausgestopft. Und das ist - wenig überraschend - gegen die Regeln des Wettbewerbs.
Die Jury wurde von Dritten auf den möglichen Regelverstoß aufmerksam gemacht. Offenbar war einigen Betrachtern des Fotos aufgefallen, dass es im Besucherzentrum des Naturparks in Brasilien einen präparierten Ameisenbär gibt, der dem auf dem Bild zum Verwechseln ähnlich sieht und in genau derselben Pose ausgestopft wurde.
Ausgestopfter Ameisenbär aus dem Besucherzentrum
Foto: NHMDarauf beauftragte die Jury fünf verschiedene Experten, das Bild zu prüfen und die Ameisenbären zu vergleichen. Die Fachleute, darunter Ameisenbärforscher und Spezialisten für südamerikanische Säugetiere, arbeiteten alle unabhängig voneinander. Aber alle kamen zu demselben Ergebnis: Das Tier auf dem Foto ist das ausgestopfte aus dem Besucherzentrum.
Cabral selbst stellte noch weitere Aufnahmen aus der Serie zur Verfügung. Aber nur das eine zeigte den Ameisenbär. Wegen der langen Belichtungszeit von 30 Sekunden gebe es nur das eine Bild mit dem Tier, sagte er.
Er besteht darauf, dass das Bild nicht gestellt sei und er einen Zeugen benennen könnte, der in der Nacht dabei war. Zudem seien andere Fotografen und auch Besucher an dem Abend im Park gewesen. Es sei daher unmöglich gewesen, dass er das ausgestopfte Tier unbemerkt an den Termitenhügel habe transportieren können, sagte er der BBC.
Doch die Jury ließ sich nicht mehr überzeugen: "Ich finde es entmutigend und überraschend, dass ein Fotograf so weit geht, um uns zu täuschen", sagte Roz Kidman Cox, die seit mehr als 30 Jahren Jurymitglied ist.
Es ist nicht das erste Mal, dass Beiträge des Wettbewerbs nachträglich disqualifiziert wurden. 2009 stellte sich das Bild eines Wolfs aus Spanien als nicht regelkonform heraus. Das Tier lebte nicht wild, sondern in einem Zoo.
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Das Bild eines gewilderten Spitzmaulnashorns mit abgehackten Hörnern ist zur Wildlife-Fotografie des Jahres 2017 gekürt worden. Fotograf Brent Stirton erhielt dafür im Londoner Natural History Museum den Wildlife Photographer of the Year Award. In der Begründung der Jury hieß es, Stirton habe die Szene "beinahe majestätisch" dargestellt. Das Foto sei "symbolhaft für eines der verschwenderischsten, grausamsten und unnötigsten Verbrechen an der Natur". Die Aufnahme stammt aus einem Wildreservat in Südafrika.
Der Jugendpreis Wildlife Photographer of the Year 2017 ging an Daniel Nelson für sein Porträt eines Flachlandgorillas aus der Republik Kongo.
Die fünfjährige Ekaterina Bee aus Italien ist die Gewinnerin in der Kategorie der unter Zehnjährigen mit diesem Möwen-Portrait.
Die Kategorie Invertebrata (Wirbellose) gewann Justin Gilligan aus Australien mit dieser Aufnahme vom Meeresgrund, die ihm vor der Ostküste Tasmaniens gelungen ist.
Das Bild der Pottwale von Tony Wu gewann in der Kategorie Säugetiere. Es entstand an der Nordostküste Sri Lankas.
Auch dieses Foto eines Schimpansen von Peter Delaney wurde prämiert. Er schoss es im Kibale National Park in Uganda.
Die Kategorie Schwarz-Weiß gewann Eilo Elvinger aus Luxemburg mit dieser ungewöhnlichen Nahaufnahme von Eisbären.
Bei den 11- bis 14-jährigen gewann die US-Amerikanerin Ashleigh Scully mit diesem Foto eines Rotfuchses, der in Schnee taucht.
Das Foto von Aaron Gekoski wurde ausgezeichnet, weil es die Abholzung des Regenwaldes in besonderer Weise dokumentiert. Es zeigt drei Generationen von Borneo-Elefanten im malaysischen Bundesstaat Sabha auf der Insel Borneo.
Kein Tier, sondern ein Ausläufer des Antarktiseises fotografierte Laurent Ballesta aus Frankreich - ihr Foto "Das Eismonster" wurde ausgezeichnet, weil es in erstaunlicher Form auf die unter Wasser versteckten Eismassen der Erde hinweist.
Die Unter-Wasser-Kategorie gewann ihr Landsmann Anthony Berberian mit diesem Foto. Es entstand in zwei Kilometern Tiefe vor Tahiti und zeigt eine Hummer im Larvenstadium, die sich auf einer Qualle fortbewegt. Die Hummerlarve spart durch das Driften auf der Qualle Energie.
Diese Nachtfoto eines Großfußhuhns von Gerry Pearce aus Australien siegte in der Kategorie Vögel.
Auch das Foto dieser Lederschildkröte von Brian Skerry aus den USA wurde prämiert. Die Aufnahme entstand im Sandy-Point-Tierschutzgebiet auf den amerikanischen Virgin Islands. Der Wildlife Photographer of the Year Award wird vom Londoner Natural History Museum vergeben. Eingereicht wurden beinahe 50.000 Beiträge aus 92 Ländern von Profis und Amateuren.
Marcio Cabral aus Brasilien gelang dieses Nachtfoto eines Termitenhügels. Das grüne Leuchten stammt von Schnellkäfern, die zur Bioluminiszenz fähig sind. Auf dem Bild macht sich ein Ameisenbär über den Termitenhügel her. Doch wie sich später herausstellte: Das Tier war offenbar ausgestopft. Mittlerweile hat die Jury dem Fotografen den Preis aberkannt
Die Kategorie Pflanzen gewann Dorin Bofan aus Rumänien mit diesem Foto eines Tals in Norwegen mit herbstlicher Vegetation. Alle Fotos werden von Freitag an zusammen mit vielen weiteren Fotografien in einer Ausstellung in dem Museum in London zu sehen sein. Am Montag startet der nächste Wildlife-Foto-Wettbewerb des Natural History Museum.
Marcio Cabral aus Brasilien gelang dieses Nachtfoto eines Termitenhügels. Das grüne Leuchten stammt von Schnellkäfern, die zur Bioluminiszenz fähig sind. Auf dem Bild macht sich ein Ameisenbär über den Termitenhügel her. Doch wie sich später herausstellte: Das Tier war offenbar ausgestopft. Mittlerweile hat die Jury dem Fotografen den Preis aberkannt
Foto: Marcio Cabral/ Wildlife Photographer of the Year