Gebell-Analyse Der PC versteht, was Hunde wollen

Ungarische Verhaltensforscher wollen einem Computer Hundesprache beigebracht haben. Die Software könne das Gebell einzelner Hunde besser auseinanderhalten als Menschen - und erkenne zudem einigermaßen, was die Tiere wollten.

Wer sich bei der Runde im Park plötzlich einem kläffenden Riesenhund gegenüber sieht, greift künftig vielleicht nur noch zu seinem Taschencomputer. Dieser analysiert binnen weniger Sekunden, was von dem Gebell zu halten ist und bestätigt dann hoffentlich, dass das Tier ja tatsächlich nur spielen will, wie das Dutzende Meter hinter ihm laufende Herrchen auch behauptet hat.

Einen solchen Übersetzer von Hunde- in Menschensprache wollen ungarische Verhaltensforscher jetzt entwickelt haben. Die von Csaba Molnar und seinem Team an der Budapester Eötvös-Universität ausgearbeitete Software hat mehr als 6000 Bell-Laute von 14 Mudis analysiert, einer ungarischen Hirtenhund-Rasse. Ihr Computerprogramm könne das Gebell einzelner Hunde besser auseinanderhalten als ein Mensch, schreiben die Forscher im Fachblatt "Animal Cognition" (online vorab veröffentlicht). Die Trefferquote habe 52 Prozent betragen, für Menschen sei die Aufgabe nahezu unlösbar.

Zudem könne das Programm in gewissem Grade das Gebell auf sechs für den Alltag der Tiere bestimmende Situationen zurückführen: "Fremder", "Kampf", "Gassi gehen", "allein", "Ball" und "Spielen". Bei einem ersten Versuch habe die Software das Gebell in 43 Prozent der Fälle richtig eingeordnet, hieß es. Am besten gelang die Zuordnung in den Situationen "Kampf" und "Fremder", am schlechtesten in der Situation "Spielen".

Die Ergebnisse sprächen für die Hypothese, dass Hunde in unterschiedlichen Situationen mit verschiedenen Bell-Lauten reagieren, die Aggressivität, freundliches Verhalten oder Gehorsam ausdrücken. Ihre Methode, meinen die Autoren, eröffne "völlig neue Perspektiven für das Verständnis der Tierkommunikation".

Für die Verhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen sind die Forschungsergebnisse der ungarischen Kollegen geradezu logisch: "Das erstaunt mich überhaupt nicht", sagte sie im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Die Forscherin von der Universität Kiel hat die Kommunikation bei Hunden und Wölfen miteinander verglichen und dabei festgestellt, dass Hunde beim Bellen eine deutlich ausgeprägtere Variabilität entwickelt haben. "Bellen ist bei Wölfen ganz selten zu hören und nur im Zusammenhang mit Aggressionen." Hunde bellten jedoch beispielsweise auch, um Freude mitzuteilen.

Wölfe nutzten statt des Bellens bis zu 60 verschiedene Mienen, erklärte Feddersen-Petersen. Deshalb gebe es schon länger die Hypothese, dass das differenzierte Bellen bei Hunden mit der Entwicklung der menschlichen Sprache im Zusammenhang stehe. Die verstärkte Kommunikation über Laute wäre sozusagen ein Ergebnis des Zusammenlebens mit dem Menschen.

Was die Computersoftware der Budapester Kollegen jetzt beherrschen soll, könnten sensible Menschen prinzipiell auch, erklärte die Forscherin: "Man kann Drohbellen zum Beispiel gut von harmonischem Bellen unterscheiden, das einen quäkigen Unterton hat."

hda/dpa

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