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Fotostrecke: Tauchfahrt in die Berge

Foto: NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND/ Brian Skerry

Tiefsee-Expedition Tauchfahrt in die Berge

Am Boden der Ozeane gibt es rund 100.000 Berge, die 1000 Meter hoch oder höher sind. Erforscht sind bisher aber nur die wenigsten. "National Geographic"-Autor Gregory S. Stone hat sich in ein enges Tauchboot gezwängt, um einen von ihnen im Pazifik vor Costa Rica zu erkunden.

Unsere "DeepSee" ist bereits luftdicht verschlossen. Von drinnen sehen wir, wie die Besatzung auf dem Deck der "Argo" uns tauchfertig macht. Dann werden wir vom Mutterschiff zu Wasser gelassen, eine winzige Stahlkugel im riesigen Ozean. Avi Klapfer, unser Pilot, flutet die Ballasttanks. Umgeben von Blasen, sinken wir in die Tiefe. Es ist, als fiele man in ein Glas Champagner, und wir fühlen uns entsprechend aufgekratzt. Ein Taucher nimmt am Kameragehäuse, das außen am Tauchboot angebracht ist, letzte Justierungen vor.

Mit Klapfer, dem Fotografen Brian Skerry und mir als Drittem drängen wir uns im Innenraum der "DeepSee". Ganze 1,50 Meter beträgt ihr Durchmesser. Wir sind umgeben von Kommunikationsgeräten, Druckventilen, Reglern, Proviant, Kameras und Urinbeuteln - was wir halt so brauchen auf der Expedition, um den Tiefseeberg Las Gemelas zu erkunden. 500 Kilometer südwestlich von Cabo Blanco in Costa Rica erhebt er sich bei Cocos Island vom Boden des Pazifiks. Er besteht aus mehreren Gipfeln, die bisher kaum jemand aus der Nähe untersucht hat. Deren höchster ist - vom Meeresboden aus gemessen - 2300 Meter hoch.

Unterseeische Berge entstehen in der Regel, wenn Vulkane vom Boden des Ozeans aus in die Höhe wachsen, ohne die Wasseroberfläche zu erreichen. Tun sie es, werden sie zu Inseln. Experten schätzen, dass es rund 100.000 Berge im Meer gibt, die 1000 Meter hoch oder höher sind. Nimmt man niedrigere Hügel und Mittelgebirge hinzu, könnte man auch auf eine Million kommen.

Über die Lebenswelt unter der Meeresoberfläche ist wenig bekannt

Meeresbiologen haben bislang nur ein paar hundert Tiefseeberge genauer erforscht. Vom Mars gibt es genauere Landkarten als von vielen Teilen des Meeresbodens. Es ist eben schwierig, die Abhänge solcher Berge im lichtlosen Dunkel aus U-Booten oder Tauchkapseln heraus zu erkunden. Selbst über die Lebenswelt auf den Gipfeln dieser Berge, die zum Teil bis knapp unter die Meeresoberfläche aufragen, ist wenig bekannt. Sie sind ein Labyrinth aus Hartkorallen, Schwämmen und Fächerkorallen, über ihnen kreisen bunte Fischschwärme. Eine der größten Arten ist der 75 Zentimeter lange Granatbarsch, der bis zu 150 Jahre alt werden soll.

Im vorigen Jahr erklärte Laura Chinchilla, die Präsidentin von Costa Rica, Las Gemelas zum Schutzgebiet. Ihr Ziel: "Klare Voraussetzungen für die Erhaltung einer Zone zu schaffen, deren marine Lebenswelt so reichhaltig ist wie fast keine zweite auf diesem Planeten." Aber immer öfter ziehen Fischereischiffe ihre Schleppnetze über die Tiefseeberge und fangen ganze Fischschwärme, die sich hier sammeln. Die Netze zerstören die langsam wachsenden Korallen, die Schwämme und den Lebensraum anderer Tiere. Es kann Jahrhunderte oder gar Jahrtausende dauern, bis sich die Ökosysteme wieder regeneriert haben.

In unserer "DeepSee" dimmen wir das grünlich blaue Licht so weit, dass wir draußen noch etwas sehen können. Durchsichtige, pulsierende Quallen gleiten im Dunkeln vorüber oder prallen von unserem Tauchboot ab. Ein schwarzweißer MantaRochen schwebt vorbei. Wir sind noch in der photischen Zone: das Sonnenlicht liefert hier Energie für unzählige mikroskopisch kleine Meerespflanzen. Sie erzeugen über die Photosynthese einen großen Teil des Sauerstoffs auf der Erde. Dann geht es tiefer hinab. Der Ozean ist nun pechschwarz.

Im Vulkan sieht es aus wie in einer Tiefseekathedrale

In ungefähr 200 Meter Tiefe wird im Licht der Scheinwerfer der Meeresboden sichtbar. Klapfer manövriert geschickt, aber die Strömung ist stark. Lange können wir nicht hier unten bleiben. Plötzlich ragt knapp jenseits des Lichtkegels etwas vom sonst flachen Meeresboden auf. Wir scherzen, wir hätten ein neues Wrack gefunden, aber es ist nur das steinerne Relikt eines Vulkanausbruchs, vielleicht etliche Jahrmillionen alt. Dann erkennen wir an einem dumpfen Surren, dass Klapfer die Strahlruder umgeschaltet hat: Er lässt das Tauchboot wenige Zentimeter über dem Meeresboden schweben. Wir stehen nun im uralten, ringförmigen Schlot des erloschenen Vulkans, der Las Gemelas geformt hat. Seine inneren Wände sehen aus wie die dekorierte Fassade einer Tiefseekathedrale.

Nach fünf Stunden - viel zu früh - ist unser Tauchboot wieder an der Oberfläche. Wir verstauen unsere Gerätschaften auf der "Argo" und machen uns auf die lange Fahrt zurück an Land. Dort werden wir unsere Daten auswerten und unserem Wissen über die Weltmeere ein weiteres kleines Puzzlestück hinzufügen.

Auszug einer Fotoreportage aus National Geographic Deutschland, Ausgabe Oktober 2012, www.nationalgeographic.de 

Weitere Informationen über unsere Themenseite "Planet Meer" sowie ein Video über Berge am Meeresboden finden Sie unter nationalgeographic.de/unterwasserberge 

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