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Klimawandel: Wolken über den Meeren aufhellen

Foto: NASA

Geoengineering Aufgehellte Wolken könnten Erderwärmung stoppen

Wenn die Menschheit ihre Treibhausgasemissionen nicht deutlich senkt, bleibt womöglich nur noch eins: ein radikaler Eingriff ins globale Klima. Forscher haben nun simuliert, welchen Effekt das Säen und Aufhellen von Wolken hat. Es könnte prinzipiell funktionieren - mit ungewissen Nebenwirkungen.

Die Schiffe machen es vor: Man braucht nur etwas Dreck in die Luft zu pusten, und schon bilden sich weiße Wolken. Satelliten haben die Spuren der Ozeangiganten in den vergangenen Jahren schon dutzendfach fotografiert. Die Wolkenstreifen über den Meeren gleichen abstrakten geometrischen Mustern (siehe Fotostrecke).

Einige Klimaforscher betrachten das Säen und Aufhellen von Wolken als eine der womöglich letzten Optionen zur Rettung des Klimas, sofern sich die weltweite Staatengemeinschaft nicht auf drastische Reduzierungen der Treibhausgasemissionen einigt. Der gescheiterte Uno-Klimagipfel von Kopenhagen hat verdeutlicht, wie schwer eine solche Einigung zu erreichen ist. Mit dem sogenannten Geoengineering, also gezielten Eingriffen in die Atmosphäre oder Biosphäre, könnte man vielleicht noch das Schlimmste verhindern.

Solche bewussten Klimamanipulationen sind jedoch umstritten - unter anderem, weil sie womöglich den Druck von den Politikern nehmen, etwas gegen die Erderwärmung zu unternehmen. Ohnehin wissen Forscher derzeit noch viel zu wenig über die Effizienz und unerwünschten Nebenwirkungen von Eingriffen ins Klima. Philip Rasch vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland hat nun mit zwei Kollegen simuliert, welche Auswirkungen das großflächige Säen und Aufhellen von Wolken über den Ozeanen hat. Hellere Wolken reflektieren mehr Sonnenlicht zurück ins All und könnten so den Treibhauseffekt verringern.

Die Forscher nutzten in ihrer Studie ein globales Klimamodell. Mit ihrem gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell konnten sie zugleich die Abläufe in der Atmosphäre und in den Meeren simulieren. "Wir haben einfach angenommen, dass wir die volle Kontrolle über die Tröpfchen in den Wolken haben", sagt Rasch im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Diese Tröpfchen entstehen aus Kondensationskeimen. Das können entweder Rußpartikel sein, etwa aus Schornsteinen von Schiffen, oder mikroskopisch kleine Wassertropfen, die ähnlich wie Spray aus einer Dose in die Luft geblasen werden.

Wolken global aufgehellt

Das Forscherteam hat mit einer Konzentration von 1000 Tröpfchen je Kubikzentimeter in den Wolken über den Ozeanen gerechnet. "Das ist ein sehr hoher Wert", meint Rasch, "viel höher, als man ihn normalerweise über den Meeren beobachtet". So hohe Konzentrationen fänden sich normalerweise nur über dem Festland in der Nähe von Orten, wo aus Schornsteinen große Mengen Schmutzpartikel in die Luft gelangten. "Wir haben die Tröpfchenkonzentration bewusst auf einen sehr hohen Wert gesetzt, um zu schauen, welche Auswirkungen das auf das Klimamodell hat", erklärt Rasch.

Sein Team simulierte vier verschiedene Eingriffsszenarien: Über 20, 30, 40 und 70 Prozent der Ozeanfläche wurden Wolken manipuliert, wobei die Forscher zugleich annahmen, dass sich die CO2-Konzentration in den kommenden 100 Jahren verdoppelt. Die genaue Geoengineering-Technologie spielte bei den Simulationen keine Rolle, ebenso wenig die Machbarkeit und die Kosten. Denkbar ist beispielsweise eine Flotte aus Hunderten Geisterschiffen, die permanent Ozeanwasser versprühen.

Die Simulationen zeigen, dass Geoengineering prinzipiell funktionieren könnte. Ohne Wolkenmanipulationen erhöhte sich die globale Durchschnittstemperatur binnen 100 Jahren um 1,8 Grad. Ein Eingriff über 20 Prozent der Meeresflächen führte zu einem Anstieg von nur noch 0,8 Grad. Im Falle von 70 Prozent wurde der Treibhausgaseffekt überkompensiert - die Erde war nach 100 Jahren 0,4 Grad kühler als in einem Szenario, bei dem sich die Konzentration des Kohlendioxids gegenüber heutigen Werten nicht änderte.

Nebenwirkungen inklusive

Diese Ergebnisse klingen hoffnungsvoll, allerdings veränderte das Geoengineering auch die Verteilung der Niederschläge auf der Erde. Nahe des Äquators im Ostpazifik ging die Regenmenge zurück, in der sogenannten südpazifischen Konvergenzzone stiegen sie an - und zwar im Jahresmittel um zwei bis sechs Millimeter pro Tag. Auch die Eisbedeckung am Nordpol und rund um die Antarktis nahm infolge der helleren Wolken zu. Allerdings war der Effekt auf der Südhalbkugel größer. Im 70-Prozent-Szenario nahm die Eisbedeckung im Vergleich zu heute sogar um 20 Prozent zu, am Nordpol wurden die aktuellen Ausmaße nicht ganz erreicht.

Die Wissenschaftler weisen zudem darauf hin, dass auch die Wahl der Meeresgebiete, an denen Wolken manipuliert werden, Einfluss auf die Ergebnisse hat. Das Fazit der Forscher: Mit Geoengineering lassen sich kaum alle Veränderungen infolge steigender Treibhausgasmengen zugleich kompensieren. Auch wenn man die mittlere Temperatur auf heutige Werte bringen könne, so komme es doch zu Veränderungen bei Niederschlägen, Eisbedeckung und Wassertemperaturen, schreiben die Forscher im Fachblatt "Environmental Research Letters" .

"Wir glauben nicht, das Geoengineering eine nachhaltige Methode ist, um die Erderwärmung zu stoppen", sagt Rasch. Zum Beispiel werde die fortschreitende Versauerung der Ozeane infolge steigender CO2-Werte nicht gestoppt. "Geoengineering könnte nützlich sein, um einige Jahrzehnte Zeit zu gewinnen, aber es ist keine Dauerlösung." Insgesamt wisse man noch viel zu wenig darüber, das Thema müsse weiter intensiv erforscht werden.

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