
Golf von Mexiko Riesentanker versagt im Kampf gegen die Ölpest
Washington/New Orleans - Schon die gigantischen Ausmaße des Schiffs dürften auf manchen Bewohner der US-Golfküste beruhigend gewirkt haben: Die "A Whale" sollte bis zu 80 Millionen Liter ölverschmutztes Wasser pro Tag auffangen können, hatten die Betreiber des 340 Meter langen umgebauten Supertankers versprochen. Das, so hatten die Küstenbewohner am Golf von Mexiko geglaubt, könne sie vor den schlimmsten Folgen der Ölpest bewahren. Doch diese Hoffnung hat sich jetzt endgültig zerschlagen: Bei den Tests hat die "A Whale" offensichtlich auf ganzer Linie versagt.
Der Ölsauger wurde vergangene Woche erstmals eingesetzt. Doch die Menge des gesammelten Öls sei "vernachlässigenswert" gewesen, sagte Küstenwachen-Admiral Paul Zukunft am Samstag: "Wir haben nur Wasser in den Tanks gefunden." Der Tanker sei aufgrund seiner Größe nicht manövrierfähig genug, um die kleineren Ölschwaden einzufangen.
Die "A Whale" hat auf jeder Seite zwölf Öffnungen, durch die das ölige Wasser einströmen soll. In den Tanks des Schiffs sollte dann einfach die Schwerkraft die Arbeit erledigen: Das leichte Öl schwimmt - zumindest theoretisch - oben und sollte sich durch mehrfaches Umpumpen vom Wasser trennen lassen.
TMT Shipping Offshore, Besitzerfirma der "A Whale", erklärte das enttäuschende Ergebnis der Tests damit, dass das Öl-Wasser-Gemisch zu dünnflüssig gewesen sei. Das habe vor allem an dem Lösungsmittel gelegen, das schon seit Beginn der Ölpest in großen Mengen auf dem Ölteppich verteilt worden sei.
Kleinere und wendigere Schiffe haben sich bisher als sinnvoller erwiesen. Bislang wurden knapp 125 Millionen Liter der schmierigen Flüssigkeit an Bord genommen. Seit Beginn der Umweltkatastrophe vor knapp drei Monaten sind Schätzungen zufolge bis zu 700 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen.
BP will neue Auffangglocke nach erfolgreichen Tests wieder öffnen
Der Energiekonzern BP hat die Tests an der neuen Abdichtkappe über dem defekten Bohrloch unterdessen um 24 Stunden verlängert. Nach dem Ende der Belastungstests solle das Bohrloch wieder geöffnet werden, teilte US-Krisenkoordinator Thad Allen am Samstag mit. Das am Meeresgrund austretende Öl werde dann aufgefangen und zu Schiffen an der Oberfläche weitergeleitet.
Die Tests an der Abdichtkappe hätten "wertvolle Informationen" geliefert, sagte Allen. Deshalb hätten sich die US-Regierung und BP entschieden, die auf 48 Stunden angelegte Testphase um 24 Stunden zu verlängern. BP hatte am Donnerstag die drei Ventile des neuen Abdichtzylinders geschlossen und damit zum ersten Mal seit dem Beginn der Ölkatastrophe vor drei Monaten das Auslaufen des Öls gestoppt.
Die Tests sollten klären, ob das Bohrloch und der Förderschacht dem Druck standhalten oder das Öl an anderer Stelle ausläuft. Nach Angaben von BP-Vizechef Kent Wells gab es am Samstag keine Anzeichen für eine Beschädigung des im Meeresboden befindlichen Förderschachts. Allen sagte, die gewonnenen Erkenntnisse seien hilfreich für das endgültige Verschließen der Quelle oder für den Fall eines temporären Verschlusses während eines Hurrikans.
Der Krisenkoordinator kündigte an, nach der Testphase die Ventile wieder zu öffnen und "unverzüglich" das kontrollierte Abpumpen des Öls fortzusetzen. Die neue Vorrichtung soll es ermöglichen, anders als bisher das austretende Öl vollständig aufzufangen. Zumindest vorübergehend wird dabei nach Einschätzung von Experten aber auch wieder Öl ins Meer fließen.
Hoffen auf das Ende der Ölpest
Allen sagte, der "endgültige Schritt" für den Stopp des Ölflusses seien ohnehin die beiden Entlastungsbohrungen. Die Bohrungen haben sich nach BP-Angaben bereits bis auf eineinhalb Meter an den Förderschacht angenähert. Bis Mitte August soll die Quelle mit Zement versiegelt werden.
Das aber ändert nichts an den gewaltigen Ölmengen, die seit dem Untergang der BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" im April bereits ins Meer gelaufen sind. 2,3 bis 4,5 Millionen Barrel Öl gelangten laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur in den Golf von Mexiko. Das entspricht 270 bis 530 Millionen Litern - oder der 58- bis 112fachen Menge dessen, was 1989 bei der Havarie der "Exxon Valdez" in Alaska ausgelaufen war. Andere Schätzungen besagen, dass bis zu 700 Millionen Liter aus dem Leck am Meeresboden gequollen sein könnten.
Derzeit sind rund 40.000 Menschen damit beschäftigt, den Ölteppich zu verfolgen, die Küsten mit Sperren vor der klebrigen Masse zu schützen und Strände zu reinigen. Selbst wenn ab sofort kein weiteres Öl mehr ins Meer gelange, werde es nach Angaben der Küstenwache mehrere Wochen oder gar Monate dauern, der Ölpest Herr zu werden. Die langfristige Säuberung verdreckter Strände und Feuchtgebiete könnte sogar Jahre in Anspruch nehmen.
Im Zusammenhang mit der Ölpest zahlte der BP-Konzern eigenen Angaben zufolge bislang mehr als 200 Millionen Dollar (rund 154 Millionen Euro) an Geschädigte in den betroffenen US-Bundesstaaten. Insgesamt 32.000 Geschädigte hätten in den vergangenen zehn Wochen eine oder mehrere Zahlungen erhalten, Leistungen an weitere 61.000 Betroffene der größten Ölkatastrophe in der US-Geschichte würden derzeit noch geprüft. In der vergangenen Woche hatte BP die bisherigen Gesamtkosten der Ölpest für den Konzern auf 3,5 Milliarden Dollar beziffert.