Käfer-Fortpflanzung Sex als Durstlöscher
Samenkäfer haben Sex - müssen sie, sonst wären sie längst ausgestorben. Die Art Callosobruchus maculatus hat dabei ein Problem. Der Käfer-Mann hat an seinen Genitalien kleine Stacheln, die während der Kopulation die Käfer-Frau pieksen und verletzen. Das mag die Käfer-Frau nicht besonders, und paart sich daher eher weniger als mehr.
Damit sie sich aber doch von Zeit zu Zeit auf das Liebesspiel einlässt, hat das Männchen im Laufe der Evolution seine Überredungskünste verfeinert: Seine Samenflüssigkeit enthält überdurchschnittlich viel Wasser. Und da Käfer-Weibchen über ihren Genitaltrakt das Wasser aus der Samenflüssigkeit aufnehmen können, paaren sich die Käfer-Frauen mit den Käfer-Männern dann, wenn sie besonders durstig sind.
Diesen Paarungshandel haben Martin Edvardsson und seine Kollegen von der University of Exeter enthüllt. Sie untersuchten dafür die Erbsensamenkäfer im Labor und gaben den Weibchen entweder uneingeschränkt viel oder nur wenig Wasser. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich durstige Käfer-Frauen sehr viel häufiger paaren als die nicht-durstigen. Die Anzahl der Paarungen erhöhte sich bei ihnen um 40 Prozent, schreiben die Biologen im Fachmagazin "Animal Behaviour".
So ein Paarungsgeschäft ist nicht unüblich bei Insekten. Viele Männchen überreichen beim Liebesspiel Geschenke, um die Weibchen zum Sex zu überreden. Bei den Erbsensamenkäfern hat das Wassergeschenk jedoch noch einen anderen Zweck: Je mehr Wasser das Weibchen bei der Paarung aufnimmt, umso länger wird es dauern, bis sie sich wieder mit einem neuen Männchen paart. Und umso länger sie sich nicht neu paart, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Samen des Männchens die Eier befruchtet.
Durst löschen statt neu paaren
Das sei auch der Grund, warum die Käfer-Männchen so besonders viel Wasser in ihrer Samenflüssigkeit haben, sagt der Biologe Edvardsson. "Die große Ejakulatmenge könnte sich entwickeln haben, weil die Männchen die Weibchen so mit viel Wasser versorgen und es für die Weibchen keinen Vorteil bringt, sich wieder neu zu paaren", sagt er.
Warum die Weibchen, statt sich schmerzhaft zu paaren, nicht einfach so Wasser trinken, kann Forscher Edvardsson auch erklären: "Diese Käfer leben meist in sehr trockenen Gegenden, wo die Weibchen nur schwer Wasser finden", sagt er zu SPIEGEL ONLINE.
Nach Edvardsson Meinung lassen sich diese Ergebnisse zwar auf viele andere Tierarten übertragen, allerdings nicht auf alle. "Dass das so auch bei Säugern und Vögeln abläuft, ist unwahrscheinlich", sagt der Biologe. Im Gegensatz zu Insekten könnten Vögel und Säuger Sperma nicht über lange Zeit speichern, um ihre Eier damit später zu befruchten. Sie brauchen frisches Sperma. Daher seien derlei Brautgaben bei ihnen auch wenig sinnvoll. Ohnehin bräuchten sie jeden Tag so viel Wasser und Futter, dass es für ein Männchen unmöglich sei, mit einer einzigen Paarungsgabe die Weibchen länger zu sättigen und somit vom Sex mit einem neuen Partner abzuhalten.
khü