Kambrische Explosion Der Ausbruch des Lebens

Das Leben auf der Erde entstand vor rund vier Milliarden Jahren und bestand lange Zeit nur aus Bakterien und Algen in den Ozeanen. Danach geschah erst einmal nicht mehr viel - bis sich die Evolution förmlich überschlug. Eine neue Studie ergründet die Mechanismen.
Trilobit am Ozeanboden (künstlerische Darstellung): "Moderat zunehmende Evolutionsrate"

Trilobit am Ozeanboden (künstlerische Darstellung): "Moderat zunehmende Evolutionsrate"

Foto: Corbis

Vor einer halben Milliarde Jahre stieg die Zahl der Tierarten plötzlich sprunghaft an. Forscher sprechen von der sogenannten Kambrischen Explosion. Damals seien neue Merkmale von Lebewesen vier- bis fünfmal rascher entstanden, berichten nun Forscher um Michael Lee von der australischen Universität Adelaide. Sie hatten Daten zu Arthropoden analysiert, der damals dominierenden Tiergruppe.

Der Erfolg war nachhaltig: Derzeit stellen die Arthropoden mehr als 80 Prozent aller Tierarten. "Dieser simultane Ausbruch von Leben aus wenigen oder gar keinen Vorgängern schien mit Darwins Theorie der schrittweisen Evolution durch natürliche Selektion in Konflikt zu stehen", sagt Lee, der zusammen mit Kollegen einen Artikel zum Thema im Fachartikel im Magazin "Current Biology"  veröffentlicht hat.

"Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass eine moderat zunehmende Evolutionsrate, die einige Zehnmillionen Jahre währt, ein solches Muster hervorbringen kann", so der Forscher. Eine fünffach höhere Rate etwa hätte sonst in 100 Millionen Jahren auftretende Veränderungen binnen 20 Millionen Jahren geschehen lassen - "eine recht kurze Zeitspanne im geologischen Maßstab." Ähnlich hohe Evolutionsraten gebe es, wenn Tiere einen neuen Lebensraum eroberten - wie Beispiele von Vögeln oder auch Säugetieren auf Inseln zeigten.

Beschleunigung durch grundlegende Innovationen

In Gesteinen aus der Zeit der Kambrischen Explosion tauchen viele grundlegende Körperbaupläne mehrzelliger Tierstämme erstmals auf. Die radikalste Erfindung der Natur war das Skelett. Egal ob es außen oder innen lag, es stützte und schützte den Organismus. Die Wissenschaftler bezogen Fossilienfunde und molekulare Datierungsergebnisse in ihre Analyse ein. Von den anatomischen und genetischen Unterschieden derzeit lebender Arthropoden schlossen sie auf frühere Evolutionsraten.

Die Arten veränderten sich demnach vor 540 bis 520 Millionen Jahren morphologisch und auf molekularer Ebene vier- bis fünfmal so schnell wie derzeit. Am ehesten sei diese Beschleunigung durch grundlegende Innovationen zu erklären: dem Sehvermögen zum Beispiel, der Fähigkeit zu aktivem Schwimmen oder dem Auftauchen von Fleischfressern.

Ungewöhnlich sei allerdings, dass die beschleunigten Raten in mehreren Abstammungslinien zugleich auftraten, ergänzen die Forscher. Frühere Arbeiten hatten unter anderem die Pflanzen für die Kambrische Explosion verantwortlich gemacht. Diese hätten mit ihrer Photosynthese die Zusammensetzung der Erdatmosphäre geändert - so dass neue Baupläne des Lebens überhaupt erst möglich wurden.

chs/dpa

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