Glossar zur Klimakrise – Begriff der Woche Kippelemente – die Dominosteine des Weltklimas

Das Meereis schmilzt, der Amazonas-Regenwald schwindet, Meeresströmungen schwächen sich ab. Diese Veränderungen bringen das globale Klima selbst wiederum in Schieflage. Alles über Kippelemente.
Permafrostböden (in Alaska)

Permafrostböden (in Alaska)

Foto: Smith Collection / Gado / Getty Images

Was sind Kippelemente?

Kippelemente sind Teile des Erdsystems, deren klimabedingte Veränderung selbst einen bedeutenden Einfluss auf das Klima haben können. In diesem Zusammenhang wird oft auch von Kipppunkten gesprochen. So bezeichnen Forscher kritische Schwellen im Klimagefüge, bei deren Überschreiten es zu einer Klimaänderung kommen kann. Oft handelt es sich dabei um einen sich selbst verstärkenden Prozess, der kaum mehr durch Gegenmaßnahmen rückgängig gemacht werden kann und auch dann noch weiterläuft, wenn die eigentliche Ursache selbst bereits abgestellt wurde.

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Am besten stellt man sich ein Kartenhaus vor, dem man zunächst locker eine Karte nach der anderen entziehen kann, ohne dass etwas passiert. Doch dann stürzt das Gebilde unverhofft komplett in sich zusammen, ohne dass weitere Karten gezogen wurden. 

Warum sind Kippelemente in der Klimakrise so bedeutsam?

Ein klassisches und bekanntes Kippelement sind die Permafrostböden in Sibirien oder Nordamerika. Wenn diese bis in tiefere Schichten dauerhaft gefrorenen Böden auftauen, geben sie riesige Mengen der Treibhausgase CO₂ und Methan frei, die sie in Form von Kohlenstoffverbindungen seit Jahrhunderten bis Jahrtausenden gespeichert haben. Der Prozess des Auftauens beschleunigt sich zudem, weil Mikroorganismen im Boden diese Kohlenstoffverbindungen zersetzen und dabei Wärme in ihre Umgebung abgeben. Schätzungen zufolge lagern allein in den obersten drei Metern der Permafrostböden 1000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff .

Das Abschmelzen des arktischen Meereises ist ebenfalls als ein kritisches Kippelement zu sehen. Dadurch dass die weißen Eisflächen auf dem Meer verschwinden, wird mehr und mehr der dunkleren Meeresoberfläche freigelegt. Diese reflektiert anders als das Eis das Sonnenlicht kaum noch, sondern absorbiert es größtenteils, was wiederum einen Temperaturanstieg und das Schmelzen weiterer Eisflächen nach sich zieht (Eis-Albedo-Rückkopplung).

Forscher haben mehr als ein Dutzend derartiger größerer Kippelemente ausgemacht, darunter die Zerstörung von Ökosystemen wie dem Amazonas-Regenwald oder die Veränderung von Windsystemen wie dem Jetstream über der Nordhalbkugel. Es wird angenommen, dass sich die verschiedenen Elemente gegenseitig beeinflussen. Eine Art Dominoeffekt wäre die mögliche Folge, der der Erde am Ende womöglich eine neue Heißzeit bringen könnte. Wann genau und ob gewisse Kipppunkte erreicht werden, ist oft nicht klar. Einige Forscher warnen, dass bestimmte Kipppunkte bereits überschritten sind und andere Systeme mitziehen könnten.

Vorangegangener Klimabegriff: Kyotoprotokoll.

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