Wetterphänomen: El Niño lässt Atacama-Wüste blühen
Klima
Globale Erwärmung erreicht Ein-Grad-Schwelle
Die Weltgemeinschaft möchte die globale Erwärmung auf zwei Grad begrenzen. Neue Daten zeigen: Die Hälfte ist erreicht. 2015 dürfte die Ein-Grad-Marke knacken.
Die Klimaerwärmung hat eine bedeutende symbolische Schwelle erreicht: Das Jahr 2015 war im Durchschnitt bislang 1,02 Grad wärmer als die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, berichtet das britische Met Office, der meteorologische Dienst Großbritanniens.
Dieses Jahr sei damit auf dem Weg, das erste seit Beginn der systematischen Messungen vor mehr als hundert Jahren zu werden, das die Ein-Grad-Marke knacken werde. 2015 wäre gleichzeitig das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen.
Zwei Gründe gebe es für den Rekord, teilt das Met Office mit. Zum einen sorgte der ungebremste Ausstoß industrieller Treibhausgase für eine stete Erwärmung. Zum anderen heizt das Wetterphänomen El Niño dieses Jahr ein: Warmes Pazifikwasser ist aufgeströmt, es wärmt die Luft - und sorgt für allerlei Wetterturbulenzen (siehe Grafik).
Die Grafik zeigt einige Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño.
Foto: SPIEGEL ONLINE; Munich RE
"Wir hatten ähnlich starke El Niños in der Vergangenheit", sagt Stephen Belcher vom Met Office. "Aber niemals wurde die Ein-Grad-Schwelle erreicht - ein klares Zeichen für den zunehmenden Einfluss des Menschen auf das Klima."
Die Marke erscheint besonders aus klimapolitischem Grund bedeutend: Die Weltgemeinschaft hat beschlossen, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Die Hälfte wäre also erreicht.
Eine weitere Erwärmung ist laut Met Office schon deshalb nicht mehr zu verhindern, weil die Menschheit bereits rund 2000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen habe. 3200 Milliarden Tonnen wären nötig, um die Luft mit großer Wahrscheinlichkeit auf zwei Grad im globalen Durchschnitt aufzuwärmen, zeigen Rechnungen. In spätestens 30 Jahren dürfte das Budget aufgebraucht sein.
Steigender Energiebedarf
Einem Bericht der Internationalen Energieagentur IEA zufolge stehen die Chancen für eine globale Energiewende aber schlecht. Bis 2040 dürfte der globale Energiebedarf um 40 Prozent steigen, zitieren britische Medien aus dem Report, der diese Woche veröffentlicht werden soll.
Ein Gutteil der Energie werde der IEA zufolge mit fossilen Energien gedeckt werden: CO2-intensive Kohleenergie etwa könnte um 15 Prozent, Erdgas gar um 50 Prozent zunehmen.
Seit 1990 habe sich der wärmende Treibhauseffekt um 36 Prozent erhöht, hatte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Montag in ihrem Jahresbericht mitgeteilt. Seit Beginn des Jahrtausends hatte sich die Luft im globalen Durchschnitt trotzdem zunächst nicht weiter erwärmt - der Klimawandel hatte sich Experten zufolge gleichwohl fortgesetzt: Zusätzliche Wärme wurde vermutlich in den Ozeanen gespeichert.
Rekord beim Treibhausgas CO2
Um den Ausstoß von Treibhausgasen einzuschränken, planen die Vereinten Nationen einen Welt-Klimavertrag, der im Dezember in Paris geschlossen werden soll. Jedes Land soll seine CO2-Emissionen beschränken; erste Fortschritte gibt es bereits.
Doch auch 2014 hat die Menge an Treibhausgasen in der Luft weiter zugenommen, berichtet die WMO, eine Uno-Organisation. Die Konzentration des Gases CO2 in der Luft sei im vergangenen Jahr im weltweiten Durchschnitt auf 398 Teile pro Millionen Teile gestiegen. Bevor Autos, Fabriken und Kraftwerke begannen, das Gas auszustoßen, lag der Wert bei 280.
Von Menschen freigesetzte Gase wie CO2 und Methan (CH4) gelten als Hauptursache des Klimawandels, konstatiert der Uno-Klimarat in seinem Sachstandsbericht. Die Gase halten Sonnenstrahlung in der Luft zurück, sodass sie sich erwärmt - das Ausmaß ist allerdings umstritten. Eine fortschreitende Erwärmung dürfte in manchen Ländern schwere Folgen haben, warnen Klimaforscher. Es drohen etwa höhere Meeresfluten, Dürren oder der Schwund von Gletschern, mithin der Verlust von Trinkwasser.
6 BilderWetterphänomen: El Niño lässt Atacama-Wüste blühen
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Folge von El Niño: Das Wetterphänomen heizt die Luft dieses Jahr auf, die globale Durchschnittstemperatur liegt ein Grad über dem Durchschnitt vom Ende des 19. Jahrhunderts - und El Niño verschiebt auch Regengebiete. Die Atacama-Wüste gilt sonst als die trockenste Wüste der Welt. Auf der einen Seite hält die Bergkette der Anden den Regen auf, an der Pazifikküste verhindert der kühle Humboldtstrom das Entstehen von Wolken. Zumindest normalerweise. Dieses Jahr ist es anders.
Foto: CARLOS AGUILAR/ AFP
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Derzeit hat sich die karge Wüste in ein farbenprächtiges Blütenmeer verwandelt. Das Wetterphänomen El Niño bringt in diesem Jahr ungewöhnlich viel Regen für die Region.
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Weil El Niño in diesem Jahr besonders stark ist, erstreckt sich ein Malventeppich über die Einöde, wie ihn die Region seit Jahrzehnten nicht gesehen hat.
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Bei einem El Niño flauen die Passatwinde ab, sodass das warme Wasser aus Asien zurückschwappt und sich wie ein Deckel auf das nahrungsreiche Tiefenwasser legt. Die veränderten Meerestemperaturen sorgen dafür, dass sich Regengebiete verlagern: Dürren drohen im Westen des Pazifiks. Hingegen können Kalifornien und andere Regionen wie der Norden Chiles bei El Niño mit mehr Niederschlag rechnen.
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Von diesem Niederschlag profitieren jetzt Fauna und Flora....
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...und Touristen, die sich dieses seltene Farbschauspiel ansehen.
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Die Grafik zeigt einige Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño.