Klimaforschung Schutt bremst Gletscherschmelze im Himalaja

Der K2: "Wir stehen vor einem großen Datenloch"
Foto: CorbisPotsdam - Die Gletscher des Himalaja-Gebirges standen im Zentrum eines Forscherskandals: Der hatte in seinem Bericht von 2007 irrtümlich gemahnt, die Gletscher könnten bis 2035 großteils verschwunden sein. Es stellte sich aber heraus, dass die Vorhersage auf schlampiger Arbeit des IPCC beruhte: Eigentlich war das Jahr 2350 gemeint.
Eine neue Untersuchung bestätigt nun: Die meisten Himalaja-Gletscher schmelzen. Allerdings bremst Schutt, der auf Gletschern liegt, das Tauen mancher Gletscher, berichten Forscher um Dirk Scherler von der Universität Potsdam im Fachmagazin "Nature Geoscience" . Die Folgen der Klimaerwärmung auf die Gletscher im Himalaja ließen sich ohne die Analyse der Schuttbedeckungen nicht verlässlich darstellen, schreiben die Experten.
Das Forscherteam hat 286 Himalaja-Gletscher anhand von Satellitenbildern im Zeitraum von 2000 bis 2008 untersucht. "Dabei hat sich sehr deutlich gezeigt, welche große Auswirkung die Schuttbedeckung auf die Dynamik der Gletscher haben kann", sagt Scherler.
So könne der Zustand eines Gletschers fälschlicherweise als gut eingestuft werden: Durch Messungen der Fließgeschwindigkeiten konnten die Forscher aufdecken, dass zahlreiche schuttbedeckte Himalaja-Gletscher sich zwar nicht zurückziehen - gleichzeitig aber über große Bereiche inaktiv sind.
Großes Datenloch im Hochgebirge
"Da ein dicke Schuttschicht wie eine Art Wärmedämmung funktioniert, spielt der Grad der Bedeckung eine wesentlich Rolle", betonte Scherler. Diese Daten fänden bislang jedoch in der Forschung zu wenig Beachtung. So seien sie kein Bestandteil globaler Gletscherdatenbanken wie der des Welt-Gletscher-Beobachtungsdienstes (WGMS).
Wieviel Schutt auf einem Gletscher liege, hänge von der Schroffheit der benachbarten Berge ab, berichten Scherler und seine Kollegen. "Prinzipiell gibt es den Trend: Sind die Gletscher schuttfrei, ziehen sie sich zurück - und das mitunter auch recht schnell."
Die Karakoram-Region im Nordwesten des Himalajas sticht in der Studie heraus: 58 Prozent der beobachteten Gletscher sind aktiv und stabil oder dehnen sich sogar mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von wenigen Metern pro Jahr aus. "Das steht in deutlichem Kontrast zu den Gletschern in anderen Regionen." Dort sei bei mehr als zwei Drittel der Gletscher zu beobachten, dass sie schmelzen - rund zehn Meter pro Jahr.
Nach Ansicht des Geografen sind für eine seriöse Diskussion über die Klimafolgen für die Himalaja-Gletscher weitere Daten unerlässlich. Sonst bleibe zu viel Raum für Spekulationen: "Wir stehen noch vor einem großen Datenloch, weil das Gebiet weniger gut erforscht ist als beispielsweise die Alpen", sagt Scherler. Dafür gebe es verschiedene Gründe: Die beteiligten Länder wie Indien und Pakistan verfügten nicht über viele Forschungsgelder, zudem sei das Gebiet weniger zugänglich und nur mit aufwendigen Touren erreichbar. Die Auswertung von Satellitenbildern sei eine Möglichkeit, einigermaßen verlässliche Daten zu erhalten.