Noch nie hat ein Klimagipfel so lang gedauert wie der in Madrid. Leider kein gutes Zeichen: Echte Fortschritte wurden zerredet, herauskommen dürfte ein Minimalkonsens. Aktivisten sind entsetzt.
Erschöpfter Konferenzteilnehmer in Madrid: "Es ist hart, es ist schwierig, aber das ist es wert"
Foto: Bernat Armangue / AP
Noch immer hat der Uno-Klimagipfel in Madrid keinen Abschluss gefunden. Noch nie hat eine Weltklimakonferenz ihre Beratungen so lange überzogen wie in diesem Jahr. Die Positionen einzelner Länder liegen so weit auseinander, dass es mittlerweile schon als Erfolg gelten muss, wenn überhaupt eine gemeinsame Erklärung zustande kommt, wie verwässert sie auch sei.
Zuletzt war unklar, ob eine Einigung auf Regeln für den internationalen Handel mit Klimaschutzgutschriften gelingt. Dies war eines der wenigen konkreten Verhandlungsziele der diesjährigen Uno-Konferenz, die seit dem 2. Dezember tagt.
Die chilenische Umweltministerin und Konferenzpräsidentin Carolina Schmidt sagte in der Nacht zum Sonntag bei einem kurzen Auftritt vor dem Plenum, nach der Veröffentlichung neuer Beschlusstextentwürfe werde sie ab 1.30 Uhr die Konsultationen zur Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens leiten.
Artikel 6 sieht vor, auch Marktmechanismen zur Steigerung und Umsetzung der nationalen Klimaschutzbeiträge, der sogenannten NDCs, zu nutzen. So könnte ein Industrieland in einem Entwicklungsland ein Solarkraftwerk finanzieren, um die Nutzung fossiler Energieträger zu verringern, und sich diese Emissionseinsparung auf sein NDC anrechnen lassen.
Besonders umstritten ist, ob unter dem Kyoto-Protokoll vergebene Verschmutzungsrechte unter dem Paris-Abkommen weiter gelten sollen. Umweltverbände warnen, dass dies - genauso wie Schlupflöcher etwa für Doppelzählungen - das gesamte Pariser Abkommen unterlaufen könnten.
Die Konsultationen über die übrigen drei fortbestehenden Streitthemen soll die Umweltministerin von Gastgeberland Spanien, Teresa Ribera, führen. Dabei geht es unter anderem um die Unterstützung von Entwicklungsländern im Umgang mit bereits eintretenden klimabedingten Schäden und Verlusten.
Um 3.30 Uhr war eine Bestandsaufnahme geplant. Das Konferenzplenum zur Absegnung der Beschlüsse wurde für 5 Uhr angesetzt und dauert an.
Nach Schmidts Ankündigung wurde erneut Kritik an ihrer Verhandlungsführung laut. In der einzigen Wortmeldung eines Delegierten sagte der Vertreter von Papua-Neuguinea, in den vergangenen sechs Stunden seien 90 Prozent der fast 200 in Madrid vertretenen Länder nicht in die Verhandlungen einbezogen werden. Er fordere Schmidt daher zu einem transparenten Verhandlungsprozess auf.
Schmidt sagte dies zu und rief die Delegierten zu einer Kraftanstrengung für eine Einigung in Madrid zum Kampf gegen die "Klimakrise" auf. "Wir sind fast da. Es ist hart, es ist schwierig, aber es ist es wert", sagte sie. Sie wisse, dass die Verhandlungsführer "sehr müde" seien. "Aber wir brauchen diese abschließende Anstrengung."
Etliche Delegierte mussten inzwischen abreisen, darunter die meisten Minister. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist nicht mehr in Madrid.
Viele Umwelt- und Hilfsorganisationen haben die Konferenz schon abgeschrieben - was hier geschehe, werde der beim Klimaschutz gebotenen Eile nicht gerecht, kritisieren sie.
Die derzeit vorliegenden Beschlusstexte seien "völlig inakzeptabel" und ein "Betrug an den Menschen in aller Welt", sagte Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan am Samstag in Madrid. Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz habe die Aufgabe, das Pariser Klimaabkommen "zu schützen und nicht zuzulassen, dass es durch Zynismus und Gier auseinandergerissen wird". Stattdessen habe Chile "den Verschmutzern zugehört und nicht den Menschen". Der Chef der Initiative Power Shift Africa, Mohamed Ado, hatte die am Samstag vorliegenden Beschlusstexte als "katastrophal" bezeichnet und "die schlimmsten, die ich je gesehen habe". Die dort enthaltenen Formulierungen würfen die Welt um Jahre zurück, statt auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.