Klimapolitik EU will Treibhausgasausstoß um 20 Prozent senken
Die EU-Kommission hat die Senkung des Klimagas-Ausstoßes am heutigen Mittwoch im Rahmen ihrer umfassenden Energiestrategie vorgeschlagen. Die Verringerung der Emissionen um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 stellt einen Kompromiss dar: Umweltverbände hatten 30 Prozent gefordert, auch EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hatte dies befürwortet. Der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen hatte dagegen nur 15 Prozent gewünscht. Die Vorschläge sollen im März von den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten beraten werden.
Die EU teilte auch mit, dass sie zu einer Senkung um 30 Prozent bereit sei, falls es zu einem solchen Abkommen zwischen den Industriestaaten der Welt kommen sollte. Das würde über die Vorgaben des 2012 auslaufenden Klimaschutzabkommens von Kyoto hinausgehen - und könnte nach Angaben der EU ausreichen, die globalen Durchschnittstemperaturen um nicht mehr als zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit steigen zu lassen. Die mehr als 1000 Wissenschaftler des Uno-Klimagremiums IPCC hatten zuletzt berechnet, dass ein Anstieg von mehr als zwei Grad katastrophale Folgen hätte.
Das neue Klimaschutz-Ziel der EU ist ehrgeiziger als das bisherige, das eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen um acht Prozent zwischen 2008 und 2012 vorgesehen hatte und von den 15 EU-Mitgliedern beschlossen worden war, ehe es 2004 zur Erweiterung der EU kam.
In ihrer neuen Energiestrategie schlug die EU-Kommission auch vor, bis 2020 ein Fünftel der Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Bisher wollte die EU eine Quote von zwölf Prozent bis 2010 erreichen, was bereits als wenig realistisch galt.
Kritik von Umweltverbänden und Grünen
Die Grünen übten scharfe Kritik an den Vorschlägen der EU-Kommission. Mit ihnen komme Europa nicht zu einer Strategie, um "Energieunabhängigkeit" zu erreichen, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer am Rande der Fraktionsklausur im sachsen-anhaltischen Wörlitz. Fraktionschefin Renate Künast bewertete die Kommissionsvorstellungen als enttäuschend. Es sei ein "Armutszeugnis", die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 nur um 20 Prozent vermindern zu wollen.
Künast warnte erneut davor, in diesem Zusammenhang den Konsens zum Ausstieg aus der Atomenergie in Frage zu stellen. Auch Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn wies Forderungen nach einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken zurück. Fachlich sei ein solcher Schritt nicht zu begründen.
Auch die deutschen Erneuerbare-Energie-Verbände haben das 20-Prozent-Ziel der EU als wenig ehrgeizig bezeichnet. Ralf Bischof, Geschäftsführer des Bundesverbands WindEnergie, appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine Führungsrolle während der EU-Ratspräsidentschaft einzunehmen und ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Wichtig sei das Gesamtziel von 25 Prozent für die erneuerbare Energien: "Das scheint uns leicht erreichbar." Zudem verlangt Bischof Mindestziele für die einzelnen Komponenten: Strom müsse zu 35 Prozent, Wärme zu 25 und Kraftstoff zu 20 Prozent als alternativen Energiequellen stammen.
"Wir erleben gerade wieder die fatale Abhängigkeit der Europäischen Union beispielsweise von Energielieferungen aus Russland", sagte Milan Nitzschke, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Wenn jetzt erneut keine klare Strategie zum Ausbau der Nutzung von Energie aus Biomasse, Wind, Wasser und Sonne vorgelegt werde, sei das ein Armutszeugnis der europäischen Energiepolitik.
Laut Nitzschke liegt Deutschland mit einem Anteil von 7,7 Prozent erneuerbare Energie am Endenergieverbrauch deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 15,2 Prozent. Dieser hohe Wert sei auf die Nutzung der Wasserkraft in den skandinavischen Ländern und Österreich zurückzuführen. Mit den erfolgreichsten Unternehmen und den meisten Arbeitsplätze in der Branche sei Deutschland aber am besten aufgestellt, sagte Nitzschke.
mbe/AP/rtr