Klimawandel Die Leiden der Natur
Kaum ein Thema hat die Forschung aber auch die breite Öffentlichkeit zuletzt so nachhaltig beschäftigt wie der weltweite Klimawandel. Und kaum ein Jahr ist vergangen, in dem nicht neue beunruhigende Details über die globale Erwärmung, ihre Ursachen und ihre Folgen bekannt wurden.
Vor zwei Jahren stellte ein von der Uno beauftragtes Forschergremium die (Mit-)Schuld des Menschen an den steigenden Temperaturen fest. Dann mussten Wissenschaftler eingestehen, dass die weltweite Wärme den Gletschern gehörig zusetzt. Und auch 2003 haben es die neuen Erkenntnisse rund ums Weltklima wieder in Liste der "wissenschaftliche Durchbrüche" geschafft, die das Fachmagazin "Science" am Ende eines jeden Jahres aufstellt.
Denn die schmelzenden Gletscher sind lediglich ein Anzeichen dafür, wie sehr die Erde unter den steigenden Temperaturen leidet. Vielleicht nicht so augenfällig, dafür mindestens so verheerend, sind die Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, wie Forscher dieses Jahr belegt haben.
So konnten Wissenschaftler der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration im Januar zeigen, dass die dramatische Dürre, die von 1998 bis 2002 die USA, Südeuropa und den Südwesten Asiens heimgesucht hatte, auf ungewöhnlich hohe Temperaturen im Westpazifik und im Indischen Ozean zurückgeführt werden kann. Das Wasser war dort noch nie so warm - woran in der erster Linie der Treibhauseffekt Schuld sein dürfte.
Auch haben in den letzten 70 Jahren die sechs größten Flüsse in Europa und Asien sieben Prozent mehr Wasser in den arktischen Ozean gepumpt - eine Folge stärkerer Niederschläge in den nördlichen Breiten. Das zusätzliche Frischwasser jedoch kann die warmen, nach Norden gerichteten Meeresströmungen stören und so das Klima zusätzlich durcheinander bringen.
Pflanzen und Tiere müssen ebenfalls reagieren. Viele sind, den kühlen Temperaturen folgend, nach Norden gezogen oder haben ihre Blüten- beziehungsweise Brutperioden verschoben. Pro Jahrzehnt betrug die durchschnittliche Wanderung dabei 6,1 Kilometer, die Fruchtbarkeit verlagerte sich um 2,3 Tage nach vorne, wie Forscher der University of Texas anhand von 1700 untersuchten Arten festgestellt haben.
Auch in der Landwirtschaft wirkt sich der Klimawandel aus: Die stark gestiegene Produktivität, die die amerikanischen Mais- und Soja-Farmer in den vergangenen zwei Jahrzehnten registrieren konnten, muss zu einem großen Teil auf die steigenden Temperaturen zurückgeführt werden - und nicht etwa auf verbesserte landwirtschaftliche Methoden, wie Ökologen der Stanford University im Februar feststellten.
Alexander Stirn