Klimawandel-Studie Aufforsten bremst Erderwärmung kaum

Arbeiter in Schleswig-Holstein: Aufforstung nutzt wenig gegen den Klimawandel
Foto: A3754 Sebastian Widmann/ dpaBäume pflanzen hilft beim Kampf gegen den Klimawandel wenig, haben zwei kanadische Forscher berechnet. Selbst wenn alle Ackerflächen weltweit aufgeforstet würden, würde das die Erwärmung in einem Zeitraum von 2081 bis 2100 um weniger als einen halben Grad Celsius senken, berichten sie im Fachmagazin "Nature Geoscience" . Befürchtet wird beim Klimawandel aber eine weltweite Erwärmung von vier und mehr Grad.
In der Simulation der beiden Geowissenschaftler zeigte sich zwar, dass durch Aufforstung regional begrenzt eine deutlichere Wirkung erzielt werden könnte. Doch bezogen auf das Weltklima nutze es nur wenig, schreiben die Forscher. Die Vereinten Nationen propagieren das Aufforsten als eine der Schlüsselstrategien gegen den Klimawandel - die Wissenschaftler dagegen raten, sich stärker darauf zu konzentrieren, den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken.
Das Wiederaufforsten von Wäldern hat der Untersuchung zufolge allerdings Vorteile für die Wirtschaft und das Ökosystem. "Aufforstung ist nicht falsch, sie ist positiv, aber unsere Erkenntnisse zeigen, dass sie keine Antwort auf die Temperaturkontrolle ist, wenn wir weiterhin soviel Treibhausgas ausstoßen", sagte Alvaro Montenegro von der St. Francis Xavier University in Nova Scotia.
Zusammen mit Vivek Arora von der University of Victoria nutzte Montenegro ein umfassendes Rechenmodell des globalen Klimasystems, um fünf unterschiedliche Szenarien mit aufgeforsteten Waldflächen zu testen. Ziel der Berechnung war der Effekt in den Jahren 2081 bis 2100. Die Wälder beeinflussten das Klima weniger als erwartet, berichtet das Team, obwohl sie beim Wachsen wie erwartet Kohlenstoff binden. Auf der anderen Seite speichern sie die Sonneneinstrahlung stärker als Ackerflächen, so dass es über Wäldern sogar zu messbarer Erwärmung kommen kann.
IPCC berät über technische Maßnahmen gegen den Klimawandel
Im ersten Fall simulierte das Modell, dass die Hälfte aller heutigen Acker- und Brachflächen - insgesamt 10,1 Millionen Quadratkilometer - durch Wald ersetzt wäre. Fazit: Die Erde würde sich um 0,25 Grad Celsius weniger erwärmen als ohne diese Maßnahme. Bei der zweiten Variante, einem kompletten Umwandeln aller landwirtschaftlichen Flächen mit 20,2 Millionen Quadratkilometern, betrüge der Unterschied rund 0,45 Grad Celsius. Allerdings halten es die Forscher für realistisch, dass weniger aufgeforstet wird als in diesen Szenarios.
In weiteren Simulationen prüfte das Team, ob das Aufforsten in drei verschiedenen Klimazonen unterschiedlich effektiv ist: in der tropischen, der nördlich gemäßigten und der borealen Zone, die am weitesten vom Äquator entfernt liegt. Tatsächlich war der Effekt für das Regionalklima in der wärmsten Zone, den Tropen, dreimal so groß wie in der kältesten. Für die Wissenschaftler Arora und Montenegro zeigt dies: Wenn aus Klimagründen aufgeforstet werden soll, dann lohnt sich dies bei den tropischen Regenwäldern am meisten.
Ab Montag beraten in der peruanischen Hauptstadt Lima Experten des Weltklimarats (IPCC) über technische Möglichkeiten zur Bekämpfung der Erderwärmung. Zu den erörterten Maßnahmen gehören ein riesiger Sonnenschirm im Weltraum oder Türme zur Aufnahme des für die Erderwärmung verantwortlichen Kohlendioxids. Auch das "Düngen" der Ozeane mit Eisen zur Förderung des Wachstums von Mikroorganismen, die Kohlendioxid absorbieren, wird erwogen.
Kritiker bemängeln, dass die nördlichen Regierungen mit derartigen Überlegungen lediglich von den Verpflichtungen ablenken wollen, die sie in Sachen Klimaschutz eingegangen sind. Die dreitägige Konferenz in Lima soll dem Wissensaustausch dienen, Empfehlungen sollen nicht abgegeben werden.