Klimawandel und Wirbelstürme Neue Studie prophezeit weniger Hurrikane bis zum Jahr 2100

Die Frage beschäftigt Atmosphärenforscher schon seit Jahren: Verstärkt der Klimawandel Zahl und Stärke von Wirbelstürmen über dem Atlantik oder nicht? Eine neue Simulation kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Stürme in den USA um bis zu 30 Prozent zurückgehen könnte.

Die Bilder der Zerstörungskraft von "Katrina" haben sich eingebrannt: hilflose Menschen, das überflutete New Orleans, Plünderungen in einer von der US-Regierung vernachlässigten Stadt. Schon bevor der verheerende Hurrikan im Jahr 2005 die US-Küste traf, stellten Forscher die Hypothese auf, dass der Klimawandel Schuld sei an der über Jahre beobachteten Zunahme schwerer Wirbelstürme. Diese These wurde danach durch weitere Studien bestätigt, aber auch in Frage gestellt: So kamen Wissenschaftler 2007 zu dem Schluss, Erderwärmung und Hurrikanzahl hingen nicht zusammen.

Nun liegen Ergebnisse einer neuen Klimasimulation des Atlantiks vor, und sie bestätigen die These von einem Rückgang der Wirbelstürme. Tom Knutson von der National Oceanic & Atmospheric Administration (NOAA) und seine Kollegen hatten mit ihrem Modell verglichen, was bis zum Jahr 2100 ohne Erderwärmung und bei einem Temperaturanstieg von 2,8 Grad Celsius passieren würde.

Ergebnis der Simulationen: Die Zahl der Hurrikane über dem Atlantik wird bis zum Ende des Jahrhunderts um 18 Prozent abnehmen. An Land könnte dies noch drastischere Folgen haben: Bei den Stürmen, die das Festland der USA erreichen, sagen die Forscher einen Rückgang um 30 Prozent voraus. Die Zahl der schwersten Stürme werde um acht Prozent zurückgehen, schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature Geoscience". Knutson sagte: "Die Studie stützt nicht die These, dass mehr Treibhausgase die Frequenz tropischer Stürme erhöhen".

Dabei liegt der Schluss eigentlich nahe, dass immer schwerere Verwüstungen durch Stürme mit dem Klimawandel zu tun haben müssen. Seit den siebziger Jahren ist die Hurrikanzahl weltweit um 75 Prozent gestiegen. Tropische Wirbelstürme entstehen über warmem Meerwasser - genau das scheint für mehr Stürme zu sprechen. Sobald die Windgeschwindigkeit eine Stärke von zwölf auf der Beaufort-Skala erreicht, wird ein solcher Wirbelsturm als Hurrikan bezeichnet.

Die physikalischen Abläufe, die zu einem Hurrikan führen, sind allerdings komplex. Vor einen Jahr erst hatten zwei US-Forscher vertikale Scherwinde dafür verantwortlich gemacht, dass es trotz gestiegener Temperaturen weniger Hurrikane gibt. Eine ähnliche These hatte Mojib Latif vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-Geomar kurz zuvor veröffentlicht. Latif war der Frage nachgegangen, warum die Hurrikan-Saison 2006 im Vergleich zu 2005 so glimpflich verlaufen war.

Die neue NOAA-Studie, die einen Rückgang der Wirbelstürme prognostiziert, ist allerdings umstritten. Mehrere Wissenschaftler kritisierten Knutson und wiesen auf Schwächen der Modellrechnung hin. Der Meteorologe Kerry Emanuel vom MIT nannte die Schlussfolgerung Knutsons "nachweisbar falsch". Das Modell beschreibe Stürme nicht hinreichend genau. Kevin Trenberth - ebenfalls Klimaforscher - erklärte, das Modell könne das tropische Wetter und Stürme nicht zuverlässig abbilden. Knutson gestand ein, dass das Modell nur einen groben Überblick liefere und sich nicht mit einzelnen Stürmen und ihren Stärken befasst.

hda/AP

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