Vogelstudie Wenn die Albatros-Ehe am Klimawandel zerbricht

Albatrospaar auf den Falklandinseln
Foto: MARTIN ZWICK / imago images/UIGAlbatrosse sind treue Seelen. Die Tiere kehren Jahr für Jahr ihres verhältnismäßig langen Lebens an einen gemeinsamen Brutplatz zurück. Doch auch eine Albatros-Ehe hält nicht immer ewig.
Zur Trennung kann vor allem ein Faktor führen, haben Forschende nun herausgefunden: schwierige Umweltbedingungen. In Jahren mit warmen Meeresoberflächen-Temperaturen, wie sie im Zuge des Klimawandels verstärkt zu erwarten sind, trennten sich die Vogelpaare häufiger als bei günstigeren Verhältnissen.
Dabei ist es ein Vorteil für langlebige Seevögeln wie Albatrosse, deren Lebenserwartung mehrere Jahrzehnte beträgt, sich eng an einen Partner zu binden. Sie profitieren von der jahrelangen gemeinsamen Erfahrung und Koordination. Einmal erwachsen, haben die Vögel hohe Überlebensraten – entsprechend gering ist das Risiko, dass ein Vogel vergebens auf seinen Partner wartet und die Brutsaison verpasst. Aus evolutionärer Sicht lohnt es sich also, auf die kräftezehrende Suche nach immer neuen, potenziell vielversprechenderen Partnern zu verzichten.
Albatrospaare kommen fast nur zur Brut und Brutpflege an Land, meist legen sie nur ein Ei. Als Nistplätze werden Steilküsten auf den der Antarktis vorgelagerten Inseln bevorzugt, wo die schweren Vögel beim Abheben den Wind für sich nutzen können. So elegant sie in der Luft wirken: Die Starts und Landungen der Tiere wirken oft schwerfällig und unbeholfen.
Scheidungsrate bis zu acht Prozent
Das Team um Francesco Ventura von der Universität Lissabon nutzte seit 2003 gewonnene Daten zu Schwarzbrauenalbatrossen auf den Falklandinseln. Die Population dort wachse insgesamt an, die Überlebensrate der Küken sei sehr hoch. Geringer falle sie vor allem in Jahren aus, in denen die Meeresoberflächen-Temperaturen in den bevorzugten Fanggebieten der Vögel wärmer sind als üblich, was die Nahrungskette zuungunsten der Albatrosse verändert.
Die »Scheidungsrate« variierte den erfassten Daten aus fünf Kolonien zufolge jährlich und lag zwischen einem und acht Prozent. Im Mittel trennten sich von Saison zu Saison nur 37 von 1000 Paaren. Fälle, in denen ein Partner nicht zum Brutplatz zurückkehrte, also vermutlich gestorben war, wurden nicht mit einbezogen. Paare trennten sich vor allem nach einer missglückten Brutsaison, also wenn sie es nicht schafften, gemeinsam ein Junges aufzuziehen, wie die Wissenschaftler im Fachjournal »Royal Society B: Biological Sciences« berichten. Das wiederum war vor allem in den Jahren mit hohen Wassertemperaturen der Fall. Weibchen fanden eher wieder einen Partner als Männchen.
Studien zuvor hätten gezeigt, dass schwierige Umweltbedingungen und Nahrungsmangel bei Seevögeln mit höheren Konzentrationen an
Stresshormonen verbunden sind. Ein von den – womöglich vergeblichen – Anstrengungen einer schwierigen Brutsaison gestresstes Weibchen löse eher die Bindung zum Partner und suche einen neuen, selbst dann, wenn das Paar zuvor erfolgreiche Bruten hatte.
Ihre Studie liefere Belege für einen deutlichen Einfluss von Umweltbedingungen auf die Häufigkeit von Trennungen bei einer langlebigen, monogam lebenden Spezies, schließen die Forscher. Ähnliche Phänomene könne es auch bei anderen Vogel- und Säugetierarten geben. Im Zuge der massiven Veränderungen durch den Klimawandel könne das ein bisher unterschätzter Faktor sein.
Seltener Gast an der Nordsee
Schwarzbrauenalbatrosse (Thalassarche melanophris) segeln oft wochenlang ohne Pause über das Meer und können immense Distanzen zurücklegen. Hauptnahrung sind Tintenfische, Fische und andere Meerestiere. Zu einiger Berühmtheit hat es ein Schwarzbrauenalbatros gebracht, der in den vergangenen Jahren mehrmals an der Nordsee zu Gast war, unter anderem auf Sylt und Helgoland.