
Serengeti-Nationalpark: Die große Migration ist bedroht
Kritik an Bauplänen Fernstraße bedroht Serengeti-Ökosystem
50 Kilometer lang, zweispurig, soll sie sich eines Tages durch Tansania ziehen: Seit 20 Jahren gibt es Pläne für eine Fernstraße durch den Serengeti-Nationalpark. Jetzt, kurz vor den Wahlen in Tansania im Oktober, ist die Straße wieder in den Mittelpunkt der politischen Diskussionen gerückt.
Die Regierung Tansanias hofft auf eine Stärkung ihrer Wirtschaft durch verbesserten Transport, denn die Landstraße soll die Küste des Landes mit dem Victoriasee im Norden verbinden. Im Juli hatte Tansanias Präsident Jakaya Kikwete bereits angekündigt, im Jahr 2012 Bulldozer in die Serengeti zu schicken. Doch Wissenschaftler und Umweltschützer befürchten, dass dies das Ende des berühmten Nationalparks bedeuten könnte.
Die Straße soll in Ost-West-Richtung durch das Unesco-Weltnaturerbe führen - und würde das kenianische Naturschutzgebiet Masai Mara von den südlich angrenzenden Nationalparks Serengeti und Ngorongo abschneiden. Seitdem die Pläne für die Landstraße existieren, protestieren Naturschutzorganisationen vehement gegen die Trassenführung, die in ihren Augen ökologisch fatal ist.
Forscher warnen vor Zusammenbruch der Gnu-Bestände
Jetzt melden sich 27 Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" zu Wort: "Die Straße wird zu einer Umweltkatastrophe führen", warnen die Artenvielfalt-Experten. Die Strecke im Osten Afrikas zerschneide den Wanderweg, den 1,3 Millionen Gnus jährlich durch den Park nähmen.
Wenn die Tiere keinen direkten Zugang mehr zum Fluss Mara in Kenia hätten, könnte ihre Population auf unter 300.000 fallen, fürchten die Experten. Das könne den Zusammenbruch des Ökosystems bedeuten. Große Buschbrände seien möglicherweise die Folge - und letztendlich könne es auch zu einem deutlichen Rückgang des Tourismus kommen. Hinzu käme, dass "das System kippen könnte, von einer Kohlenstoffsenke hin zu einem CO2 emittierenden System", warnen die Forscher.
Zudem weisen Andrew Dobson, Professor für Ökologie und evolutionäre Biologie an der Princeton University, und seine Kollegen auf das ökonomische Desaster hin, das Tansania sowie dem Nachbarland Kenia mit dem Straßenbau drohen könnte. Beide Länder hängen stark vom Tourismus im Serengeti- und Masai-Mara-Schutzgebiet ab. In Tansania kämen rund 23 Prozent der Deviseneinnahmen aus dem Tourismus. Dieser würde vermutlich deutlich zurückgehen, wenn die legendäre Migration in der Serengeti zusammenbreche.
Die "Great Migration", die Wanderung der Zebras, Gnus und anderer Huftiere vom Süden in den Norden und wieder zurück, hat die Serengeti berühmt gemacht. Das Naturschauspiel wurde in zahlreichen Dokumentarfilmen festgehalten. Die Erfahrungen in anderen Parks hätten gezeigt, dass Straßen und Zäune durch Tierwanderwege das Ökosystem zerstörten, so die Wissenschaftler. Sie fordern die tansanische Regierung auf, eine Alternativstrecke zu suchen, die das Serengeti-Gelände ausspare.