Kurzes Dasein Chamäleon lebt die meiste Zeit im Ei

Der Lebenszyklus ist einzigartig: Acht bis neun Monate verbringt eine Chamäleonart aus Madagaskar im Ei. Nach dem Schlüpfen altern die Tiere so rasant, dass sie fünf Monate später tot sind. Forscher führen das kurze Leben der Chamäleons auf das harsche Klima zurück.

Die Chamäleons der Art Furcifer labordi sind Meister der Effizienz. Wenn sie auf die Welt kommen, beschränken sie sich auf das Wesentliche: Sie sorgen für Nachwuchs. Sobald das erledigt ist, neigt sich ihr Leben bereits dem Ende zu, von entspanntem Lebensabend keine Spur. Spätestens fünf Monate nach dem Schlüpfen sind alle erwachsenen Tiere tot, wie ein internationales Forscherteam unter Leitung des Zoologen Kristopher Karsten von der Oklahoma State University in Stillwater herausgefunden hat.

Furcifer labordi sei das kurzlebigste Landwirbeltier der Welt, schreiben die Forscher im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" (Bd. 105, S. 8980). Den überwiegenden Teil ihrer Existenz verbrächten die Tiere in Eiern.

Im November jedes Jahres schlüpft auf Madagaskar eine komplett neue Generation der Reptilien. Die Trockenzeit, die meist von Mai bis Anfang November reicht, verbringen die Tiere in den Eiern, die von ihren Eltern zu Beginn des Jahres gelegt werden. Doch die Chamäleons sind von Beginn an Waisen: Nach der Eiablage sterben die Eltern in kürzester Zeit, wie die Forscher um Karsten berichten.

Sie haben die Tiere in freier Wildbahn über fünf Jahre beobachtet und ihr Verhalten studiert. Dabei fanden sie heraus, dass die Chamäleons schon zwei Monate nach dem Schlüpfen geschlechtsreif sind und weitere zwei Monate später das Greisenalter erreicht haben. Älter als fünf Monate wurde keines der beobachteten Tiere.

Die Wissenschaftler vermuten in diesem beschleunigten Lebenszyklus eine Anpassung an die natürlichen Verhältnisse auf Madagaskar: Um den harschen Verhältnissen während der Trockenzeit zu entgehen, verbringen die Tiere diese Jahreszeit in Eiern. Dadurch seien sie vor Umwelteinflüssen besser geschützt, glauben die Forscher.

Die Chamäleons hätten eine einzigartige Lebensgeschichte unter den vierbeinigen Wesen der Erde, schreibt das Forscherteam. Es gebe keinen anderen Vierbeiner, der sein aktives Leben auf eine so kurze Zeit reduziert habe im Vergleich zur langen Zeit im geschützten Ei. Eine solche Aufteilung sei eher bei kurzlebigen Insekten üblich.

Die schnelle Entwicklung nach dem Schlüpfen fordert jedoch auch ihren Tribut: Karsten geht davon aus, dass die Chamäleons erhöhte Mengen an Geschlechtshormonen produzieren, um möglichst schnell das fortpflanzungsfähige Alter zu erreichen. Diese Hormone beschleunigen zugleich den Alterungsprozess. Dadurch ist die Lebensspanne von Furcifer labordi auf ein einziges Jahr geschrumpft.

hda/ddp/dpa

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