Lachs-Evolution Zucht lässt die Eier schrumpfen
Um in der Wildnis bedrohte oder dezimierte Arten zu retten, bedienen sich Tierschützer gern einer einfachen Methode: Sie fangen einige der wildlebenden Tiere ein, züchten deren Nachwuchs in Gefangenschaft und lassen ihn anschließend frei. So auch beim Wildlachs. Doch der Eingriff in die Evolution kann schnell ungeahnte Folgen haben, wie ein kanadisches Forscherteam jetzt im US-Wissenschaftsmagazin "Science" berichtet.
Für ihre Untersuchungen haben sich die Evolutionsbiologen den Königslachs ausgesucht, eine Fischart, die besonders stark nachgezüchtet wird. Allein in der kanadischen Provinz British Columbia werden pro Jahr mehrere Millionen Lachse in Zuchtstätten aufgezogen und danach ausgesetzt.
Doch schon innerhalb kurzer Zeit schlägt die natürliche Selektion zu: Bei der Zucht treten Eigenschaften hervor, die in der Wildnis eher negativ sind, so Daniel Heath und Kollegen in "Science". Besonders deutlich wird das an der Größe der untersuchten Lachseier.
Wie bei fast allen Eier legenden Tieren haben auch beim Wildlachs größere Nachkommen die besseren Überlebenschancen. In Gefangenheit fehlen jedoch die natürlichen Feinde, die jungen Lachse müssen nicht so robust wie in der Wildnis sein. Für die Weibchen ist es folglich besser, kleinere und gleichzeitig deutlich mehr Eier zu legen.
Das bestätigte auch die jetzt veröffentlichte Studie: Nicht nur die Sterblichkeit der untersuchten Jungtiere ging in Gefangenschaft deutlich zurück, auch die durchschnittliche Größe der Eier nahm signifikant ab - ein Effekt, der bei den Königslachsen schon nach vier Generationen zu beobachten war.
Neben den in Gefangenschaft aufgewachsenen Tieren untersuchten Heath und sein Team auch Lachspopulationen in vier verschiedenen Flüssen. Dabei mussten die Biologen feststellen, dass in den beiden Flüssen, die während der vergangenen 20 Jahren besonders intensiv mit gezüchteten Lachsen aufgestockt wurden, die Größe der Lachseier deutlich geschrumpft war.
Doch das galt nicht überall. Wurden die gezüchteten Lachs behutsam ausgewildert, blieben die Auswirkungen der unerwünschten Selektion vergleichsweise gering. In den Augen der Wissenschaftler ist das ein Hinweis darauf, wie in Zukunft die schädlichen Auswirkungen der Nachzucht minimiert werden könnten.
Alexander Stirn