Schadstoffmessungen in den Alpen Verbotene krebserregende Chemikalien noch Jahrzehnte in der Luft nachweisbar

Von wegen gesunde Luft: Auch in abgelegenen Orten wie den Alpen gibt es gefährliche Stoffe. Sogar längst verbotene Chemikalien sind noch lange nachweisbar.
Die an sich gesunde Bergluft ist ein ganz besonders guter Langzeitspeicher für giftige Schadstoffe.

Die an sich gesunde Bergluft ist ein ganz besonders guter Langzeitspeicher für giftige Schadstoffe.

Foto: Victoria Bonn-Meuser/ picture alliance / dpa

Schwer abbaubare Schadstoffe sind auch fernab von Industrie und Großstädten nachweisbar. Luftmessungen von Forschern in den Alpen haben ergeben, dass längst verbotene Chemikalien wie das krebserregende DDT noch Jahrzehnte später in der Luft nachweisbar sind.

Das Insektizid wurde im Nachkriegsdeutschland als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft verwendet, bis es 1977 in Deutschland per Gesetz verboten wurde. Auch andere Länder verbannten DDT, seit den Neunzigerjahren wird es in Europa nicht mehr eingesetzt. Die Verbote zeigen, was die Belastung in der Luft angeht, jedoch offenbar nur begrenzt Wirkung: Während die Konzentration von DDT zwischen 2006 und 2017 in der Alpenluft immerhin um bis zu 60 Prozent zurückging, war der Anteil anderer Chemikalien wie beim Weichmacher PCB, der ebenfalls seit den Siebzigerjahren verboten ist, in den Luftmessungen gleichbleibend hoch.

Das erläuterte das deutsche und österreichische Forscherteam des Projekts PureAlps am Mittwoch in München bei der Vorstellung 15 Jahre dauernder Messungen. Sie hatten die Daten von Messgeräten seit 2005 an der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus an der Zugspitze (2650 Meter) und am Sonnblick-Observatorium (3106 Meter) in Österreich ausgewertet. Insgesamt sind die Forscher auf über hundert Schadstoffe gestoßen, manche kämen sogar von anderen Kontinenten. Das liege an globalen Luftströmungen und Wasserkreisläufen. Die Umweltgifte reichern sich besonders gut in den kühlen Luftschichten der Alpen an und bauen sich auch langsamer ab.

Umweltgifte: Trotz Verboten weiter in der Luft

Viele Chemikalien entweichen aus Alltagsprodukten, bei industriellen Prozessen, Verbrennung oder Schädlingsbekämpfung. 35 Prozent der untersuchten Schadstoffe in der Luft gingen signifikant zurück, bei vier Prozent wurden aber steigende Konzentrationen gemeldet.

Das Insektizid DDT werde heute beispielsweise noch in afrikanischen Ländern zur Malariabekämpfung eingesetzt. Aber vor allem Polychlorierte Biphenyle (PCB), die als Weichmacher und Flammschutzmittel beispielsweise in Fugendichtungsmassen älterer Gebäude enthalten sind, machen den Forschern weiter Sorgen. Obwohl seit Langem verboten, schwankten die Messergebnisse - und zeigten für manche Verbindungen sogar Zunahmen.

Bei anderen Schadstoffen gibt es hingegen positive Entwicklungen: Das Insektenvernichtungsmittel Endosulfan sank in den Messungen nach dem Verbot in der EU und in der Stockholm-Konvention binnen 15 Jahren um 96 Prozent.

Dass aber auch neue Stoffe wie Perfluorverbindungen nachgewiesen wurden, zeige, dass die vorsorgende Regelung für umweltrelevante Chemikalien noch nicht vollständig ausgereift sei, hieß es. Sogenannte PFCs sind laut Umweltbundesamt schwer abbaubar und befinden sich heute in vielen Verbraucherprodukten wie Kochgeschirr oder Outdoortextilien. Auch bei Flammschutzmitteln etwa in Elektrogeräten, Kabeln oder auf Teppichen gebe es Abnahmen nach Verboten, aber Zunahmen bei neuen Stoffen.

"Die Alpen sind unser Frühwarnsystem für globale Schadstoffe", sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). In der Kälte - in der Arktis, der Antarktis, aber auch den Alpen - schlagen sich die Stoffe durch Kondensation besonders nieder.

sug/dpa

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