Negative Folgen von Beleuchtung Licht aus für die Umwelt

Lichtverschmutzung ist eine Umweltbelastung – und sollte auch so behandelt werden. Das fordert eine britisch-französische Forschergruppe. Die Auswirkungen auf die Tierwelt sind immens.
Künstliches Licht auf der Erde (Satellitenbild): Tödliche Falle für einige Tierarten

Künstliches Licht auf der Erde (Satellitenbild): Tödliche Falle für einige Tierarten

Foto: NASA EARTH OBSERVATORY/ AFP

Unsere Welt wird heller, jedes Jahr. Die Beleuchtung des Planeten durch den Menschen nimmt in Reichweite und Intensität jährlich um etwa zwei Prozent zu, berichtet eine britisch-französische Forschergruppe. Dadurch entsteht laut ihren Erkenntnissen ein Problem, das mit anderem Umweltbelastungen vergleichbar sei – und auch so behandelt werden müsse.

In einem Artikel im Fachmagazin "Nature Ecology and Evolution"  berichtet das Team um Kevin Gaston von der britischen Universität Exeter über eine Meta-Analyse von 126 früheren Arbeiten zu Auswirkungen von Lichtverschmutzung. So beeinflusst die Zunahme der Helligkeit zum Beispiel Änderungen beim Hormonspiegel, Fortpflanzungszyklen und Aktivitätsmustern von Tieren.

"Die Auswirkungen wurden überall gefunden – bei Mikroben, Wirbellosen, Tieren und Pflanzen", so Gaston im "Guardian" . "Wir müssen anfangen, über Beleuchtung so nachzudenken, wie wir über andere große Systembelastungen wie den Klimawandel denken".

Die Auswirkungen in der Tierwelt sind vielfältig. Nagetiere, die hauptsächlich nachts auf Nahrungssuche gehen, waren durch das Fehlen der nächtlichen Dunkelheit für eine kürzere Zeit aktiv. Dagegen begannen Vögel früher am Tag zu singen und nach Würmern zu suchen. Für andere Tiere wurde künstliches Licht gar zur tödlichen Falle, etwa bei frisch geschlüpften Meeresschildkröten, die statt in den Ozean fälschlicherweise ins Landesinnere laufen – und dort leichte Beute für Räuber sind.

Bei allen untersuchten Tierarten hätten sich verringerte Werte des Hormons Melatonin gefunden, das für die Regulation des Schlafzyklus verantwortlich ist, so die Forscher. Gefährlich kann das Licht auch für Insekten sein, die etwa von Straßenlaternen oder Autoscheinwerfer angezogen werden – und bei Kollisionen zu Tode kommen. Aus diesem Grund plant etwa die Bundesregierung ein teilweises Verbot von Himmelsscheinwerfern.

Straßenlaternen sind nicht das Hauptproblem

Die Forscher wiesen darauf hin, dass es bei einigen Tierarten auch positive Effekte gegeben habe. So würden einige Pflanzen durch die Dauerbeleuchtung schneller wachsen, auch einige Fledermausarten könnten profitieren. Insgesamt sei das Licht aber störend, vor allem für die Insekten. Im Januar hatten eine Expertengruppe um Jeff Harvey vom Niederländischen Institut für Ökologie und der Vrije Universität Amsterdam den Kampf gegen die Lichtverschmutzung bereits als einen von acht Punkten in ihr vorgeschlagener Sofortprogramm zum Insektenschutz geschrieben.

Auf Satellitenbildern lässt sich das Problem der Lichtverschmutzung eindrucksvoll erkennen. Ein Teil des Phänomens lässt sich dadurch erklären, dass vielerorts aus Energiespargründen die Straßenbeleuchtung von Glühbirnen auf LED umgestellt worden ist. Das ist wegen des damit einhergehenden Wechsels der Lichtfarbe – von eher gelb zu eher weiß – nicht ohne Schwierigkeiten, die LED-Lichter sind oft heller als vorher.

In einer in der vergangenen Woche im Fachmagazin "Lighting Research & Technology"  erschienenen Studie hatte sich ein Team um Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ speziell mit der Rolle von Straßenbeleuchtung bei der Lichtverschmutzung befasst. Bei Messungen in der Stadt Tucson im US-Bundesstaat Arizona konnten sie dabei zeigen, dass verblüffenderweise nur etwa 20 Prozent der auf Satellitenbildern sichtbaren Lichtemissionen der Stadt auf die Laternen zurückgehen.

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Für den Rest seien zum Beispiel helle Fenster, beleuchtete Schilder und Fassaden sowie Sportplätze verantwortlich, so die Forscher. Behörden müssten deshalb über mehr als nur die Straßenbeleuchtung nachdenken, wenn sie versuchten, die Lichtverschmutzung zu reduzieren.

Das Team um Kevin Gaston wiederum macht darauf aufmerksam, dass solche Bemühungen einen entscheidenden Unterschied zum Kampf gegen sonstige Umweltprobleme haben: Weniger Licht zu machen, das spart eher Geld, als dass es kostet.

chs
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