Massensterben Meteorit als Saurierkiller entlastet
Kleine Glaskügelchen entlasten den Meteoriten von Chicxulub. Dass sein Einschlag für das Massensterben der Dinosaurier verantwortlich war, wird immer unwahrscheinlicher. Jüngste Analysen bestätigen den Verdacht, dass der Himmelskörper die mexikanische Halbinsel Yucátan rund 300.000 Jahre zu früh traf, um als globaler Killer infrage zu kommen.
Der sogenannte KT-Einschnitt an der Grenze von der Kreidezeit zum Tertiär lässt sich durch Fossilfunde leicht nachweisen: Vor 65 Millionen Jahren starben auf einen Schlag rund 70 Prozent aller Lebensformen aus. Das lässt sich leicht datieren. Doch wann genau schlug der Meteorit ein, der den Chicxulub-Krater verursachte?
Der Geowissenschaftlers Markus Harting von der Universität Utrecht untersuchte Glaskugeln, wie sie unter dem Druck und der großen Hitze des Aufpralls in Chicxulub entstanden sind. Diese kleinen Kügelchen fand er in Mexiko, dem US-Bundesstaat Texas, in Guatemala, Belize und in Haiti. Eine chemische Analyse belegt ihre Herkunft.
Allerdings tauchen die gläsernen Zeugen des Aufpralls nicht bloß in einer Erdschicht auf. Durch Erosion gerieten die Glaskügelchen auch in höhere Sedimentschichten. Harting sucht unter dem Elektronenmikroskop nach Spuren dieses vertikalen Transports innerhalb des Erdbodens. Seine simple These: Je weniger abgenutzt und beschädigt ein Fundstück ist, desto näher ist es der Schicht, zu der es ursprünglich gehört.
Wie Harting in der kommenden Woche bei der Geologenkonferenz "Backbone of the Americas - Patagonia to Alaska" berichten wird, ist diese Originalschicht rund 300.000 Jahre älter als der KT-Einschnitt.
Die berühmte Iridium-Schicht im Sediment liegt zudem um einiges höher als die unversehrtesten Glaskügelchen. Auf der ganzen Welt lässt sich dieses Metall gleichen Alters feststellen, obwohl es in der Erde gar nicht vorkommt. Ursprünglich war das Iridium als Beleg für die Qualitäten des Chicxulub-Meteoriten als globaler Killer gewertet worden.
Bohrkerne aus der Mitte des Einschlagkraters hatten aber bereits vor zwei Jahren Zweifel an dieser Lesart geweckt. Hartings Fund verstärkt die Zweifel, dass der Einschlag und das Iridium miteinander zu tun haben: Wenn das Glas vom Meteoriten stammt, so tut es das Metall offenbar nicht.
Forscher hatten bereits spekuliert, dass die Milchstraße vor 65 Millionen Jahren durch eine kosmische Wolke mit hohem Iridiumanteil gerast sein könnte. Sollte das Metall auf diesem Wege in die Atmosphäre gelangt sein, ließe sich die weltweite Verteilung plausibel erklären.
Stefan Schmitt