Treibhausgas CO2-Messungen übersteigen Schwellenwert

Die CO2-Kurve gilt als eine der wichtigsten Messungen der Wissenschaft: Sie zeigt, wie schnell sich das Treibhausgas in der Luft sammelt - und die Erde erwärmt. Nun wurde erstmals ein wichtiger Schwellenwert überschritten.
Treibhausgas-Zunahme in der Luft: CO2-Menge auf Hawaii und in der Arktis (roter Punkt)

Treibhausgas-Zunahme in der Luft: CO2-Menge auf Hawaii und in der Arktis (roter Punkt)

Foto: SPIEGEL ONLINE

Hamburg - Die Kurve wirkt wie eine Treppe, die ins Unglück führt: In Zickzack-Stufen steigt der Kohlendioxid-Gehalt der Luft, weil Menschen mit Autos, Fabriken und Heizungen Abgase in die Atmosphäre pusten. Die älteste CO2-Messreihe auf Hawaii zählen Forscher zu einem der bedeutendsten Ergebnisse der Wissenschaft - seit 1958 gibt die Kurve Auskunft über den Zustand des Planeten: Denn das CO2 erwärme die Luft, warnen Wissenschaftler. Wie eine Decke lege sich das Gas um die Erde, so dass Wärmestrahlung nicht ins All entweichen könne.

Lange herrschten konstante Verhältnisse: Von einer Million Luftteilchen waren 280 CO2-Moleküle. Seit dem Bau von Fabriken während der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts aber steigt der CO2-Gehalt. Nun melden Klimaforscher den Durchbruch der 400er-Marke: An einer Messstation in der Arktis wurde dieses Frühjahr erstmals einen Monat lang die magische Grenze von 400 CO2-Molekülen pro einer Millionen Luftteilchen überschritten, berichtet die amerikanische Wetterbehörde NOAA. An weiteren sechs Stationen in Alaska, Kanada, Finnland, Island, Norwegen und im Nordpazifik überschritt die CO2-Menge in den vergangenen Wochen ebenfalls kurzzeitig die 400er-Grenze.

Die neuen Messungen aus der Arktis bieten einen Blick in die Zukunft: "Sie zeigen, was die Welt schon bald erwartet", sagt Pieter Tans, Atmosphärenforscher der NOAA. Er rechnet damit, dass die CO2-Werte weltweit in vier Jahren die 400er-Marke knacken werden. Im weltweiten Durchschnitt liegt der CO2-Wert derzeit bei rund 395. "Die Tatsache, dass das Niveau bei 400 liegt, ist wichtig", sagt der NOAA-Forscher: "Es ist eine Erinnerung an jeden, dass wir das Klimaproblem nicht gelöst haben und dass wir immer noch in Schwierigkeiten sind."

Ursache des Zickzack

Die Arktis ist der Zeit voraus, weil dort kaum Pflanzen sprießen, die CO2 aufnehmen. Die Wachstumszyklen der Pflanzen erklären den Zickzack-Verlauf der CO2-Kurven: Wenn ihre Blätter wachsen, binden die Gewächse CO2 - der Treibhausgasanstieg verlangsamt sich.

Die Konzentration von CO2 war zuletzt immer schneller gestiegen. Mitte der sechziger Jahre stieg die Kurve pro Jahr um 0,7 Teilchen pro Millionen. Mitte der achtziger Jahre wurde der Grenzwert von 350 CO2-Teilchen überstiegen. Mittlerweile beträgt der Anstieg pro Jahr zwei bis drei CO2-Moleküle pro Millionen Luftteilchen. Der Mensch hat den CO2-Gehalt der Luft damit mittlerweile um mehr als 40 Prozent erhöht.

Wie stark das zusätzliche Treibhausgas die Erde bislang schon erwärmt hat, ist umstritten. Die Durchschnittstemperatur der Erde in Bodennähe ist nach Angaben der Vereinten Nationen in den vergangenen 130 Jahren um 0,8 Grad gestiegen. Neueste Berechnungen zeigen, dass CO2 für zwei Drittel der Temperaturzunahme verantwortlich ist.

Streit um die Erwärmung

Seit 13 Jahren jedoch zeigen die Daten keine weitere Erwärmung. Klimaforscher zeigen sich unbeeindruckt: Die globale Temperatur variiere seit jeher, solche Schwankungen seien aufgrund der Komplexität der Umwelt zu erwarten, haben Studien ergeben. Ozeane und Pflanzen beispielsweise nehmen viel CO2 auf und mildern die Erwärmung.

Gleichwohl ist die Frage, wie der CO2-Anstieg das Klima erwärmen wird, noch immer umstritten. Die Stärke der Erwärmung hängt vor allem davon ab, wie viel Wasser verdunstet; Wasser verstärkt den Treibhauseffekt deutlich mehr als CO2. Schätzungen über den Wasserdampf-Effekt klaffen aber weit auseinander. Tausende Wissenschaftler arbeiten an der Frage.

Tatsache sei aber, dass es wärmer werde, erklärt die NOAA mit Blick auf ihre neuen Daten: Die steigende Treibhausgas-Kurve sei ein unmissverständliches Indiz, sagt NOAA-Forscher Jim Butler. Und der Durchbruch der 400er-Marke zeige, dass es unaufhaltsam weitergehe.

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