Mittelmeer Spaniens rätselhafte Quallenplage
Von einer Quallenplage ist die Rede, gar von einer Qualleninvasion. "Egal, wo wir hinschauen, fast überall sind Quallen", sagte Ricardo Aguilar, während er gestern mit einem Katamaran über das Mittelmeer schipperte. Der wissenschaftliche Direktor der Umweltorganisation Oceana habe bis zu zehn Glibbertiere auf einem Quadratmeter Wasseroberfläche gesehen, zitiert ihn die britische Tageszeitung "The Independent".
Während das spanische Innenministerium Strandurlauber zur Vorsicht mahnt und in manchen Küstengebieten Badeverbote verhängt wurden, spekulieren Wissenschaftler und Umweltschützer über die Ursachen der Quallenmassen. Weitgehende Einigkeit herrscht darüber, dass der Rekordsommer mit seiner lange währenden Hitze mitschuldig ist. Einige Umweltschützer gehen noch weiter und führen die Quallenplage auf den Klimawandel zurück - wie zum Beispiel Oceana, eine Vereinigung, die sich für den Schutz der Weltmeere einsetzt.
Rekordsommer und Klimawandel sorgen für Quallenplage
Der Klimawandel sei für die gestiegene Wassertemperatur verantwortlich, und die wiederum habe die Qualleninvasion verursacht, teilte Oceana mit. Ob dieser Schluss zutrifft, ist allerdings fraglich. Klimaforscher warnen immer wieder davor, kurzzeitige Wetterphänomene mit langfristigen Entwicklungen wie der globalen Erwärmung in direkte Verbindung zu bringen.
Neben dem Klimawandel nennt Oceana weitere mögliche Gründe für die Glibbertier-Plage: die Verschmutzung der Meeresufer etwa oder die sinkende Zahl der natürlichen Quallenfeinde. Tunfische und andere Meerestiere, die Jagd auf die Nesseltiere machten und deren Zahl kontrollierten, seien vom Menschen zu stark dezimiert worden. Deswegen könnten sich die Quallen leicht vermehren.
Dieser Ansicht ist auch Francesc Peters vom Institut für Meereswissenschaften in Barcelona. Zudem seien die Küstengewässer salziger als üblich, weil nur wenig Süßwasser aus den Flüssen das Mittelmeer erreiche. Dadurch werde mehr Wasser von der See an die Küsten gespült - und damit auch mehr Quallen. Die leben nämlich eigentlich lieber im offenen Meer, wo es normalerweise wärmer und salziger ist als im Küstenwasser.
Meeresbiologen wollen vermutete Ursachen überprüfen
Um all diese vermuteten Ursachen zu überprüfen, soll noch in diesem Herbst ein Forschungsprojekt beginnen, teilte die Universität in Palermo mit. Die Meeresbiologin Gianluca Sara sagte: "Es gibt keine wissenschaftlichen Daten. Den Temperaturanstieg im Wasser kann man spüren, und die Überfischung scheint auch mit der Quallenplage zusammenzuhängen, aber zurzeit ist das eher nur ein Gefühl."
Unterdessen beobachten andere Wissenschaftler, welche Folgen die diesjährige Quallenplage hat - von verängstigten Badegästen einmal abgesehen. So seien im Mittelmeer die Bestände an kommerziell wichtigen Fischen wie Hering und Sardine stark gesunken, berichteten Experten. Die Quallen seien so gefräßig, dass sie viele junge Fische vertilgten. Deswegen könnten weniger Fische als sonst heranwachsen.
Im vergangen Monat war die bei Touristen äußerst beliebte Küste von Katalonien bis Andalusien mehrfach von Quallen heimgesucht worden, so dass wiederholt Badeverbote verhängt wurden. Allein in Katalonien seien bisher rund 12.500 Menschen wegen Verletzungen durch die Nesseltiere behandelt worden, teilte das spanische Rote Kreuz mit. Nach aktuellen Meldungen steht der spanischen Mittelmeerküste eine weitere massive Quallenplage bevor.
fba/AP