Nektar Honigbienen lecken, Schmetterlinge saugen

Biene im Anflug auf eine Kirschblüte: Schnelle Leck-Technik
Foto: Uwe Anspach/ dpaHonigbienen steuern bevorzugt Blüten mit besonders süßem Nektar an ist. Der Grund scheint auf den ersten Blick einleuchtend: Je süßer der Nektar, desto mehr Energie ist darin enthalten. Das bedeutet allerdings auch, dass er zähflüssiger ist und sich nur schwer aufnehmen lässt. Dennoch bevorzugen Honigbienen deutlich süßeren Nektar als Schmetterlinge.
Warum das so ist, haben US-Forscher jetzt offenbar herausgefunden. Der Schlüssel liege in der Art, wie die Insekten den Nektar aus der Blüte aufnehmen, berichten sie im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences".
Die Insekten müssen "schnell und effizient trinken, weil sie sonst leicht gefressen werden können", erklären die Wissenschaftler um Studienleiter John Bush vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge. Anhand von Experimenten und Modellrechnungen habe sich herausgestellt, dass Honigbienen selbst dickflüssigen Nektar noch schnell genug aufnehmen können - weil sie ihn nicht saugen, sondern lecken, so die Forscher. Saugende Insekten wie Schmetterlinge bräuchten dagegen für stark zuckrigen Nektar zu lange. Für sie sei dünnflüssigerer, etwas zuckerärmerer Nektar besser geeignet.
Diese Erkenntnis erweitere nicht nur das Wissen über die Tiere. Es sei auch ein Hinweis darauf, dass sich die Pflanzen im Laufe der Evolution an die Trinkgewohnheiten ihrer Bestäuber angepasst hätten. "Diese Beobachtungen könnten erklären, warum der Nektar der von Bienen und Hummeln besuchten Blüten einen durchschnittlich höheren Zuckergehalt besitzt als der von Schmetterlingen und Kolibris besuchten Blüten", so die Forscher.
Der süße Nektar blühender Pflanzen ist für viele Insekten, aber auch für Vögel wie etwa Kolibris eine wichtige Nahrungsquelle. Die Tiere setzten dabei drei verschiedenen Techniken ein, um den mehr oder weniger zähflüssigen Sirup aufzunehmen:
- Schmetterlinge besitzen einen Rüssel, mit dem sie den Nektar wie mit einer Pumpe einsaugen.
- Nektarfressende Vögel saugen ebenfalls, nutzen dabei aber ihre Zunge als passive Saughilfe.
- Bienen und Hummeln, aber auch einige Fledermäuse setzen dagegen auf den Schwammeffekt: Sie tunken ihre raue Zunge in schneller Folge in den süßen Saft und lecken so den Nektar auf.
Die Forscher haben nun erstmals diese drei Trinktechniken in Bezug auf eine effektive Nahrungsaufnahme bei verschiedenen Nektarkonzentrationen verglichen. Dazu haben sie Honigbienen beim Trinken verschiedener Zuckerlösungen mit Hochgeschwindigkeitskameras gefilmt. Über Modellrechnungen ermittelten sie, wie die Zähflüssigkeit - und damit der Zuckergehalt - die Trinkgeschwindigkeit beeinflusst. Diese Werte verglichen sie mit bereits vorhandenen Modellen für das Nektartrinken mittels aktiv und passiv saugender Mundwerkzeuge, wie beispielsweise bei Schmetterlingen oder Kolibris.
Es habe sich gezeigt, dass Faktoren wie Körpergröße, Artzugehörigkeit oder Position im Ökosystem keinerlei Einfluss darauf hatten, welchen Nektar ein Tier am effektivsten konsumiere, schreiben Bush und seine Kollegen. Entscheidend sei allein, ob das Tier seine Zunge in den Nektar tauche oder ob es eine Saugtechnik einsetze.
Für die leckenden Bienen habe sich eine Zuckerkonzentration von rund 50 bis 60 Prozent als optimaler Kompromiss aus Ertrag und Zeitaufwand ergeben. Für die aktiv saugenden Schmetterlinge und die passiv saugenden Kolibris liege die optimale Konzentration dagegen bei nur rund 30 bis 40 Prozent.