Neue Daten Mehr verheerende Wirbelstürme durch wärmeres Wasser

Führen Klimawandel und höhere Wassertemperaturen zu stärkeren Wirbelstürmen? Seit Jahren streiten Forscher um diese Frage. Jetzt hat ein Team eine neue Studie vorgelegt - und spricht von einem klaren Zusammenhang zwischen warmem Wasser und zerstörerischen Stürmen.

London/Tallahassee - Auf den ersten Blick scheint die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung auf der Hand zu liegen: Warmes Wasser an der Meeresoberfläche versorgt Wirbelstürme mit Energie. Das Ergebnis kann so katastrophal ausfallen wie vor drei Jahren, als der Hurrikan "Katrina" über dem Golf von Mexiko Kraft sammelte und anschließend New Orleans verwüstete.

Der Klimawandel sei Schuld am Tod von rund 1800 Menschen, hieß es in einigen Medien. Doch seitdem haben sich auch kritische Stimmen gemeldet, die einen Zusammenhang zwischen der Wassertemperatur und der Stärke und Häufigkeit von Wirbelstürmen verneinten. Tom Knutson von der US-Wetterbehörde NOAA hatte gar errechnet, dass die Zahl der Stürme in den USA durch den Klimawandel um bis zu 30 Prozent zurückgehen könnte - und war dafür von Forscherkollegen heftig kritisiert worden.

Jetzt liegt eine neue Studie vor - und sie besagt, dass wärmeres Wasser eben doch für stärkere Winde sorgt. Das Team um James Elsner von der Florida State University in Tallahassee hat Wetterdaten aus 25 Jahren ausgewertet. Das Ergebnis: Die Stärke tropischer Wirbelstürme hat zugenommen. Am deutlichsten war der Trend über dem Atlantik und dem nördlichen Teil des Indischen Ozeans, schreiben Elsner und seine Kollegen im Fachblatt "Nature" ( Bd. 455, S. 92 ). Und: Der Anstieg gehe auf höhere Wassertemperaturen zurück.

Ein Grad mehr erhöht Sturmzahl um ein Drittel

Den Berechnungen zufolge erhöht die Erwärmung der Meeresoberfläche um ein Grad Celsius die Zahl starker Wirbelstürme um fast ein Drittel - von weltweit 13 auf 17 im Jahr. "Unsere Ergebnisse stimmen mit der Annahme überein, dass das Meer mehr Energie hat, einen tropischen Wirbelsturm zu bilden, wenn das Wasser sich erwärmt", heißt es in dem Fachartikel.

Die Wissenschaftler haben in den Daten der Jahre 1981 bis 2006 die maximalen Windgeschwindigkeiten analysiert, die ein Tropensturm während seiner Dauer entwickelte. Dabei ergab sich ein nachweisbarer Aufwärtstrend - je stärker der Sturm war, umso klarer. Nur im Südpazifik stellten die Forscher keine Änderung fest. Dies ist aus ihrer Sicht logisch, weil dort die Wassertemperaturen bereits wärmer sind als in allen anderen Meeresregionen.

Allerdings räumen Elsner und seine Kollegen ein, dass die statistische Unsicherheitsquote noch groß ist. Auch seien andere Einflussfaktoren wie etwa die Entstehung und Dauer eines Sturms, die Nähe zum Festland und die Sonnenaktivität nicht berücksichtigt worden.

Dennoch warnte Elsner vor einer gefährlichen Entwicklung: "Falls die Meere weiterhin wärmer werden, müssen wir in der Zukunft mit stärkeren Stürmen rechnen." Er brachte auch die aktive diesjährige Hurrikan-Saison in Verbindung mit den gemessenen Ozeantemperaturen.

Verheerende Hurrikan-Saison

Seit Mitte August sind im Karibikstaat Haiti durch die Wirbelstürme "Fay", "Gustav" und "Hanna" mehr als 160 Menschen ums Leben gekommen. Und die nächste Katastrophe bahnt sich bereits an. Über dem Atlantik entwickelte sich Wirbelsturm "Ike" auf seinem Zug Richtung Karibik zum Hurrikan der Stufe vier auf der fünfteiligen Skala. Wann und wo er auf Land treffen könnte, ist nach Angaben des US-Hurrikanzentrums aber noch nicht abzusehen.

Auch in den USA geht wieder die Angst um, nachdem Hurrikan "Gustav" die Metropole New Orleans Anfang der Woche zum größten Teil verschont hatte. Wirbelsturm "Hanna" steuert derzeit auf den Südosten der USA zu. In Florida wird bereits vor gefährlichen Unterströmungen an der Küste gewarnt, die Schwimmer auf das offene Meer ziehen können. Hinter "Hanna" haben sich bereits "Ike" und "Josephine" in Stellung gebracht.

Die NOAA hatte für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 12 bis 16 tropische Stürme vorhergesagt, darunter zwei bis fünf große Hurrikane. Der Grund waren vergleichsweise hohe Wassertemperaturen in Äquatornähe bei einem gleichzeitig relativ niedrigem Luftdruck auf Höhe des Meeresspiegels.

mbe/dpa/AFP

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