
Weiße Haie: Die verteufelten Raubtiere
Bedrohtes Raubtier Kalifornisches Gesetz schützt Weiße Haie
Der Hai gilt vielen Menschen als Sinnbild des Meeresmonsters. Als wahllos tötende, unersättliche Fressmaschine. Und das hat Folgen: Der Mensch hat die Haie weltweit stark dezimiert und manche Arten an den Rand der Ausrottung getrieben. Schutzmaßnahmen benötigen dagegen die Zustimmung und nicht selten auch den Druck der Öffentlichkeit. Das ist schon bei Sympathieträgern wie Walen schwierig genug, bei Tieren mit einem so schlechten Image wie Haien oft unmöglich.
Jetzt hat der US-Bundesstaat Kalifornien ein solchen Schritt unternommen - und das zugunsten des Weißen Hais, in der öffentlichen Wahrnehmung die gefährlichste Hai-Art überhaupt. Wie der US-Sender NBC berichtet, steht die Art Carcharodon carcharias ab sofort unter dem Schutz des California Endangered Species Act (Cesa), dem Gesetz zur Rettung gefährdeter Arten.
Drei Umweltschutzverbände hatten die Aufnahme des Weißen Hais in die Liste gefordert. Ihren Angaben zufolge leben im Nordwestpazifik nur noch 340 Exemplare, die Art sei damit in der Region vom Aussterben bedroht. Laut den Cesa-Bestimmungen dürften Weiße Haie nun weder gejagt noch verfolgt oder getötet werden. Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Dollar oder bis zu einem Jahr Gefängnis geahndet werden.
Ab dem 1. März sollen Ausnahmen nur noch für wissenschaftliche Forschung genehmigt werden. Fischer, die Weiße Haie versehentlich gefangen haben, müssen sich nachträglich eine Genehmigung besorgen. Fachleute bezweifeln allerdings die Wirkung solcher lokalen Schutzbestimmungen, denn Weiße Haie reisen nicht selten Tausende Kilometer weit durch die Ozeane.
Kalifornien liegt im Trend
In den vergangenen Monaten haben mehrere Staaten Maßnahmen zum Schutz von Haien ergriffen. Im September 2012 etwa verabschiedeten mehr als 50 Länder bei einer Uno-Konferenz in Bonn eine Übereinkunft, die insbesondere dem Riesenhai und dem Weißen Hai helfen soll. Bestände sollen stärker beobachtet werden, um einen gezielten Schutz zu ermöglichen. Regionale Umweltinitiativen sollen gestärkt und Vertreter der Fischereiindustrie einbezogen werden.
Der Plan entstand im Rahmen eines globalen Schutzabkommens unter dem Dach der Vereinten Nationen, der Konvention zum Schutz Wandernder Tierarten (CMS). Sie wird nach ihrem Entstehungsort auch Bonner Konvention genannt. Zudem versuchen Naturschützer, das Image der Haie zu verbessern - etwa indem sie ihn den Menschen gezielt näher bringen.
Trotz solcher Maßnahmen kommt es auch immer wieder zu Rückfällen in frühere Verhaltensmuster. Ausgerechnet am Tag des Bonner Beschlusses etwa gab Australien die Jagd auf Weiße Haie frei, nachdem es innerhalb eines Jahres zu fünf tödlichen Angriffen auf Menschen gekommen war. Ein Hai-Experte warf der Regierung daraufhin eine "Hollywood-Reaktion" vor.
Zu einer ebenfalls filmreifen Aktion kam es, nachdem am Mittwoch ein Mann in Neuseeland von einem Hai angegriffen und getötet wurde. Polizisten machten daraufhin mit Schlauchbooten und einem Helikopter Jagd auf den Raubfisch und schossen auf ihn. Hinter dem Angriff auf den Schwimmer wurde prompt ein Weißer Hai vermutet, obwohl die Polizei sich nicht auf die Spezies festlegen wollte.
Verheerendes Image dank Hollywood
Sein verheerendes Image hat der Weiße Hai spätestens seit 1975, als Steven Spielberg den Peter-Benchley-Horrorschocker "Der Weiße Hai" verfilmte. Inzwischen aber bereut selbst Benchley sein damaliges Werk. Würde man den Film auf den heutigen Stand bringen, schrieb der Autor in einem Beitrag für die Smithsonian Instution, wäre der Weiße Hai nicht mehr der Schurke. "Er müsste als das Opfer auftauchen, denn weltweit sind Haie viel eher die Unterdrückten als die Unterdrücker." Für jeden getöteten Menschen würden Millionen Haie umgebracht - "und selten für einen nützlichen Zweck".
Tatsächlich sind Haiangriffe extrem selten angesichts der Tatsache, dass Millionen Menschen an den Küsten der Welt regelmäßig baden. Laut dem "International Shark Attack File" der University of Florida kam es 2012 weltweit zu 80 unprovozierten Haiangriffen auf Menschen. Nur sieben von ihnen - auch das dürfte die meisten Laien überraschen - endeten tödlich. Und selbst diese Zahl war vergleichsweise hoch: In den Jahren 2001 bis 2010 errechnete die Universität einen Jahresdurchschnitt von nur 4,4 Todesopfern durch unprovozierte Haiangriffe.
Was Menschen Haien antun, steht dagegen in keinem Verhältnis. Nach Zahlen der Welternährungsorganisation FAO werden jährlich etwa 40 bis 60 Millionen Haie gefangen. Experten gehen allerdings davon aus, dass diese Zahl viel zu niedrig ist, da es sich nur um die angelandete Menge handelt. Beifang, der wieder ins Meer geworfen wird, ist darin nicht enthalten. Zudem würden Haien oft nur die Flossen abgeschnitten und der restliche Kadaver entsorgt. Die Artenschutzorganisation IUCN, die auch die Rote Liste herausgibt, geht von 26 bis 73 Millionen getöteten Haien pro Jahr allein für den Flossenhandel aus.