Neues Modell der Erdkruste Forscher messen, wie dick Europa wirklich ist
Sie ist nur eine zarte Hülle. Im globalen Mittel ist die Kruste unserer Erde rund 40 Kilometer dick. Bezogen auf den Gesamtdurchmesser des Planeten, er liegt bei knapp 12.800 Kilometern, ist das nicht besonders viel. Eine Wissenschaftlergruppe um Magdala Tesauro vom Geoforschungszentrum Potsdam hat sich die Kruste in Europa nun besonders genau angesehen.
Das war auch nötig, denn bisher hatten sich verschiedene Forschergruppen meist auf einzelne Regionen des Kontinents konzentriert - zum Beispiel auf Deutschland. Anfang 2007 hatten Forscher berechnet, dass das Land immerhin 28 Billiarden Tonnen schwer ist. Ein hochauflösendes und konsistentes Gesamtbild der europäischen Kruste gab es nicht. Genau solch ein Modell haben Tesauro und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift "Geophysical Research Letters" vorgestellt . Dafür haben sie vorliegende seismische Daten zusammengefasst.
Entscheidend ist die Lage der sogenannten Mohorovicic-Diskontinuität - kurz Moho. Das ist der Bereich, in dem die oben liegende Erdkruste auf den darunter befindlichen Erdmantel trifft. Hier wechselt die Zusammensetzung des Gesteins: Oben liegen zumeist Gneis, Granit oder auch Gabbro. Weiter unten folgt dichteres, grobkristallines Gestein, der Peridotit. Auch die Laufzeit von Erdbebenwellen durch das Erdinnere ändert sich in dieser Zone, die im Jahr 1910 von einem kroatischen Forscher entdeckt wurde. Die genaue Lage des Übergangsbereichs ist nicht immer einfach zu ermitteln, manchmal gehen Kruste und Mantel auch langsam ineinander über.
Tesauro und ihre Kollegen zeigen in ihrem Modell, wie vielfältig Europas Kruste ist: Unter Finnland ist die Kruste zum Beispiel so außergewöhnlich dick, wie man es eigentlich nur unter einem Gebirge wie den Alpen erwarten würde. Hier liegt die Übergangszone in rund 50 Kilometern Tiefe, zum Teil sogar noch darunter. In Deutschland liegen die Werte zwischen 30 und 35 Kilometern. Interessant sind Übergangsbereiche wie das sogenannte Elbe-Lineament in Norddeutschland oder der bekanntere Oberrheingraben, wo sich die Dicke der Kruste auf kürzestem Raum schnell ändert.
Besonders dünn ist die ozeanische Kruste vor allem im Atlantik und im Mittelmeer, mit teilweise gerade einmal fünf Kilometern. Überrascht waren die Forscher allerdings auch hier: So ist die Kruste unter Island und den Färöer-Inseln deutlich mächtiger als zu erwarten gewesen wäre.
chs