Fund in North Dakota Fossil soll vom letzten Tag der Dinosaurier stammen

Zeitzeuge: Skelett eines Thescelosaurus
Foto: CC BY-SA 4.0 / wikimedia commonsEin komplettes Bein mitsamt Haut zählt zu den spektakulären Funden, die der Paläontologe Robert DePalma mit Stolz präsentiert. Das Fossil eines Thescelosaurus, eines vogelfüßigen kleinen Pflanzenfressers, könnte das Erste sein, das direkt vom Aussterben der Dinosaurier erzählt. Gefunden wurde es in der von DePalma geleiteten Ausgrabungsstätte Tanis im US-Staat North Dakota, in einer Sedimentschicht, die dem Einschlag des Asteroiden Chicxulub vor 66 Millionen Jahren zugeschrieben wird.
»Wir haben so viele Details an diesem Ort, die uns Moment für Moment erzählen, was passierte. Es ist fast wie es im Film zu sehen«, erzählte DePalma, ein Doktorand an der University of Manchester, der BBC für eine Dokumentation mit dem Naturfilmer David Attenborough, die am 15. April gesendet werden soll. »Man sieht die Felssäule und die Fossilien dort, und es bringt einen an jenen Tag zurück.«
Von Tanis wurde erstmals 2019 berichtet, dort ließen sich die Spuren des zwölf Kilometer großen Asteroiden nachvollziehen, der 3000 Kilometer entfernt vor der Küste Yucatans einschlug und nach vorherrschender Meinung das Zeitalter der Dinosaurier beendete. Tanis, inmitten der nordamerikanischen Prärie, lag damals an der Küste einer ausgedehnten Meeresbucht und bekam die Druckwelle voll ab.
Fische mit Asteroidenresten in den Kiemen
Inzwischen hat das Ausgrabungsteam einige wissenschaftlich begutachtete Studien zu seinen Funden vorgelegt. Dazu zählen Überreste von Störfischen der Urzeit, in deren Kiemen noch glasige Partikel aus geschmolzenem Fels stecken, die mit chemischen und radiometrischen Methoden dem Einschlag in Mexiko zugeordnet werden konnten. Die Fische wurden in einer Schicht mit hohem Anteil des Edelmetalls Iridium begraben, gleich nachdem die Glasstücke ihre Knochen erreichten. Das gilt als sicheres Zeichen, dass die Tiere an dem Asteroideneinschlag starben.
Außerdem wurden in Tanis eine von einem Holzpfahl aufgespießte Schildkröte, die Haut eines Triceratops, der Embryo eines Pterosauriers in seinem Ei und möglicherweise auch ein Fragment des Asteroiden Chicxulub selbst geborgen. »Es ist völlig irre, absolut verblüffend schön«, schwärmte der Naturhistoriker Phillip Manning, der DePalmas Doktorarbeit in Manchester betreut. »Die zeitliche Auflösung, die wir an diesem Ort bekommen, übersteigt unsere kühnsten Träume.«
Der Thescelosaurier war sofort tot
Besonders das Thescelosaurierbein hob Manning als »letzten Trommelschlag der Dinosaurier« hervor. Laut Paul Barrett vom Londoner Natural History Museum wurde erstmals erhaltene Haut dieser Saurierart gefunden, die schuppig wie bei Waranen war und nicht gefiedert wie bei vergleichbaren Fleischfressern. Gegenüber der BBC bemerkte Barrett, dass das Bein keine Spuren von Bissen oder Krankheiten aufweise. »Unsere beste Erklärung ist, dass dieses Tier mehr oder weniger unverzüglich starb.«
Nun schob Barrett allerdings nach , es sei zwar plausibel, aber noch nicht wissenschaftlich gesichert, dass der Thescelosaurus tatsächlich an dem Tag starb, als der Asteroid die Erde traf. Denkbar sei auch, dass das bereits tote Tier als Folge des Einschlags aus der Erde gehoben und dann mit dem Rest zusammen begraben wurde. Weil das Fossil so gut erhalten sei, müsse es aber zumindest sehr kurz davor gestorben sein. Da kaum Dinosaurierfossilien in den oberen Felsschichten der Kreidezeit gefunden werden, würde der Fund immer noch eine Lücke füllen, »die Paläontologen seit Jahrzehnten aufregt«.
Damit schloss sich Barrett dem Forscher Steve Brusatte von der University of Edinburgh an, der sich bereits für die BBC-Dokumentation skeptisch gezeigt hatte: Die Fische mit Glassplittern seien eindeutige Zeugnisse des Asteroiden. Für die anderen Funde müsse das noch überprüft werden. »Aber spielt es überhaupt eine Rolle, ob sie genau an dem Tag oder Jahre zuvor starben?« Die Fossilien seien so oder so spektakulär. Das Pterosaurierei etwa, dessen Embryo Robert DePalma mit Röntgenstrahlen vermessen und als 3D-Modell nachbauen konnte, sei einzigartig. »Es muss doch nicht immer nur um den Asteroiden gehen.«