Langzeitfolgen für das Klima Ozonschädigende FCKW reichern sich in der Atmosphäre an

Langzeitfolgen: Kühlschränke enthielten früher FCKW als Kühlmittel
Foto: Getty ImagesIn der Atmosphäre haben sich einer Studie zufolge in den vergangenen Jahren fünf Typen langlebiger, Ozon abbauender Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) immer stärker angereichert. Die Emissionen sollen hauptsächlich aus Prozessen stammen, die nicht den derzeitigen Kontrollen des Montrealer Protokolls unterliegen, wie ein Forschungsteam im Fachjournal »Nature Geoscience« schreibt.
Noch seien die Auswirkungen der Gesamtemissionen der fünf FCKW auf die Ozonschicht gering. Ein kontinuierlicher Anstieg in der beobachteten Geschwindigkeit könne jedoch einen Teil der erzielten Fortschritte zunichtemachen und zusätzliche Klimaauswirkungen haben, heißt es.
1987 hatten sich zahlreiche Länder im Montreal-Protokoll auf ein Ende der Fluorchlorkohlenwasserstoffe verständigt, weil FCKW die Ozonschicht schädigten. Die Schicht in der Erdatmosphäre schützt die Erde vor ultravioletter Strahlung der Sonne (UV). Seit 2010 gilt weltweit ein Produktionsverbot für FCKW, die früher unter anderem als Kältemittel, in Spraydosen und für Kunststoffschäume verwendet wurden.
FCKW können aber weiterhin als Ausgangsstoffe, Zwischen- oder Nebenprodukte bei der Herstellung anderer Chemikalien freigesetzt werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Luke Western von der University of Bristol hatten anhand von Messungen an 14 Standorten weltweit untersucht, wie sich die Menge an FCKW-113, FCKW-112a, FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115 zwischen 2010 und 2020 verändert hat.

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Bis zu 640 Jahre Lebensdauer
Im Jahr 2020 erreichten demnach alle fünf Gase ihren höchsten Stand seit Beginn der direkten Messungen. Werte für vier der fünf Gase zeichnen Forschende seit dem Jahr 1978 auf, allein FCKW-112a wird erst seit 1999 erfasst. FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115 werden bei der Herstellung anderer Chemikalien verwendet – wahrscheinlich bei der Produktion von Fluorkohlenwasserstoffen (FKW), die die FCKW für viele Anwendungen ersetzt haben, wie die Wissenschaftler erläutern. Für FCKW-112a und FCKW-113 sei kein aktueller Verwendungszweck bekannt, warum auch sie vermehrt vorkommen, sei unklar. Mögliche Ursachen seien der gezielte Abbau anderer FCKW oder eine Entstehung als Nebenprodukt.
Die fünf Substanzen können der Ozonschicht über lange Zeiträume schaden. Sie haben eine atmosphärische Lebensdauer von rund 50 bis 640 Jahren. Der Studie zufolge entsprach die Gesamtemission der fünf FCKW im Jahr 2020 dem Äquivalent von 4200 Tonnen FCKW-11, dem am zweithäufigsten vorkommenden Fluorchlorkohlenwasserstoff. Bei dem Erwärmungseffekt gehen die Autoren einem Äquivalent von 47 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus – was 150 Prozent der CO₂-Emissionen Londons im Jahr 2018 entspreche.
»Zeit für eine Verschärfung des Montrealer Protokolls«
»Angesichts des kontinuierlichen Anstiegs dieser Chemikalien in der Atmosphäre ist es vielleicht an der Zeit, über eine Verschärfung des Montrealer Protokolls nachzudenken«, sagte Mitautor Johannes Laube vom Forschungszentrum Jülich.
Die fünf FCKW sind nur einige Substanzen, die Experten mit Blick auf das Ozonloch Sorgen bereiten. Im Fachblatt »Nature Communications« schrieb ein britisch-chinesisches Forschungsteam Ende 2021, dass sich der Ausstoß von Dichlormethan (CH2Cl2) in China binnen acht Jahren fast verdreifacht habe. Das könne die Erholung der Ozonschicht je nach weiterer Entwicklung der Emissionen um bis zu 30 Jahre verschieben, erklärte die Gruppe um Minde An von der Universität Peking.
Das in der Industrie unter anderem als Lösungsmittel eingesetzte Dichlormethan zählt zu den Substanzen, die in der Atmosphäre binnen sechs Monaten abgebaut werden. Solche kurzlebigen Verbindungen sind nicht vom Montrealer Protokoll betroffen.
Ebenfalls China war der Verursacher einer Anreicherung von Trichlorfluormethan (FCKW-11) in der Atmosphäre, das zu den verbotenen FCKW gehört. In der Zeit von 2013 bis 2018 hatten Forscher aus mehreren Messungen geschlossen, dass die Substanz im Osten Chinas trotz internationales Verbots weiter produziert und verwendet wurde, in den Jahren darauf ging der Ausstoß dann wieder zurück.
Uno sieht Erholung auf gutem Weg
Erst im Januar teilten die Vereinten Nationen mit , die Ozonschicht sei auf gutem Weg, sich innerhalb der kommenden Jahrzehnte zu erholen. Gehe es weiter wie bisher, dürfte sich die Ozonschicht demnach bis etwa 2066 in der Antarktis, bis 2045 in der Arktis und bis 2040 im Rest der Welt auf den Stand von 1980 erholen – das war vor der Bildung des Ozonlochs.
Ohne das Montrealer Protokoll hätte sich die Erde bereits deutlich stärker erwärmt, wie ein Forschungsteam 2021 berichtete . Bestimmte Substanzen, die die Ozonschicht zerstören, sind nämlich auch äußerst wirksame Treibhausgase. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts hätten FCKW und ähnliche Stoffe demnach einen zusätzlichen Temperaturanstieg um 2,5 Grad bewirkt.