"Prestige"-Katastrophe Ölpest vor zehn Jahren schadet Vögeln bis heute

Ölkatastrophen machen Seevögeln noch viele Jahre später zu schaffen: Das zeigt der Untergang des Öltankers "Prestige" vor der spanischen Küste. Auch nach mehr als einem Jahrzehnt leiden Kormorane dort noch immer unter den Folgen.
Verschmutzter Vogel nach dem Untergang der "Prestige" (Archivbild): Folgen halten bis heute an

Verschmutzter Vogel nach dem Untergang der "Prestige" (Archivbild): Folgen halten bis heute an

Foto: DENIS DOYLE/ AP

Es war eine fatale Fehleinschätzung: Die spanischen Behörden erlaubten dem havarierten Öltanker "Prestige" im November 2002 nicht, einen Hafen des Landes anzulaufen - weil sie wegen eines Lecks befürchteten, dass Öl diesen Hafen verseuchen könnte. Was folgte, war jedoch eine viel größere Katastrophe: Insgesamt traten beim Untergang des 243 Meter langen Schiffes 23.000 Tonnen Öl aus, Hunderte Kilometer Küste wurden verseucht, 250.000 Seevögel starben. Und niemand wurde dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Die Krähenscharbe, eine Vogelart aus der Familie der Kormorane, zählte damals zu den am stärksten von der Ölpest betroffenen Tierarten. Da viele Kolonien der Seevögel innerhalb und außerhalb des Katastrophengebiets schon vorher wissenschaftlich überwacht wurden, konnten die Forscher um Álvaro Barros von der Universidade de Vigo die langfristigen Auswirkungen auf die Populationen genau ermitteln. Im Fachmagazin "Biology Letters"  berichten sie nun darüber.

Die Forscher stellten demnach fest, dass sich der jährliche Bruterfolg - also die Zahl der aufgewachsenen Küken pro Nest - vor dem Unglück innerhalb und außerhalb der verseuchten Gebiete nicht unterschied.

Neuer Fressfeind hilft auch nicht bei der Erklärung

Nach dem Unglück hingegen war der Bruterfolg in den ölverseuchten Gebieten um 45 Prozent geringer als in den nicht betroffenen Arealen. Klimaschwankungen oder veränderte Meerestemperaturen standen damit nicht im Zusammenhang. Auch das Auftauchen eines neuen Fressfeindes, des Amerikanischen Nerzes in einigen Brutgebieten erklärte den stark reduzierten Fortpflanzungserfolg nicht.

Warum genau die betroffenen Krähenscharben weniger Jungvögel großziehen, blieb unklar. Denkbar sei, so die Forscher, dass das Öl auch in geringer Konzentration die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtige oder dass den Vögeln in den verschmutzen Gebieten weniger Nahrung zur Verfügung steht.

"Die Krähenscharbe war der Organismus im Meer, dessen Populationen am stärksten von der Ölpest betroffen waren und noch fünf Jahre nach dem Unglück keine Zeichen von Erholung zeigten", schreiben die Forscher. "Unsere Studie belegt eine langfristige Beeinträchtigung des Bruterfolges mindestens zehn Jahre nach der Ölpest. Diese Studie liefert ein seltenes Beispiel für die anhaltenden Auswirkungen auf die Meereslebewesen und macht deutlich, dass eine langfristige Überwachung nötig ist, um die Beeinträchtigung der Umwelt nach solch einem Unfall abschätzen zu können."

chs/dpa
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