Prognose von Uno-Diplomat Klima-Abkommen in diesem Jahr unmöglich

Noch-Uno-Klimachef de Boer (Februar 2010): "Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen"
Foto: Ronaldo Schemidt/ AFPBonn - Der scheidende Uno-Klimachef Yvo de Boer rechnet nicht mehr mit einem bindenden Klima-Abkommen in diesem Jahr. Deshalb solle sich die Weltgemeinschaft auf praktische Schritte zur Verlangsamung des Klimawandels konzentrieren, sagte de Boer am Rande der ersten Uno-Klimaverhandlungen seit dem gescheiterten Gipfel von Kopenhagen. Dazu hatten sich rund 2000 Regierungsvertreter aus aller Welt in Bonn getroffen.
Bei den dreitägigen Gesprächen versuchten die Staaten einen Fahrplan für das nächste Ministertreffen im mexikanischen Cancun Ende November bis Anfang Dezember zu vereinbaren. "Ich glaube nicht, dass in Cancun ein endgültiges Ergebnis erzielt werden kann", sagte de Boer, der sein Amt im Juli niederlegt. In Mexiko könnte laut dem niederländischen Diplomaten bestenfalls eine grundsätzliche Verständigung auf ein Gerüst möglich sein. Diese in ein Abkommen münden zu lassen, brauche aber mehr Zeit. "Wir werden noch viele weitere Runden der Klimaverhandlungen haben, bevor wir die endgültige Lösung erzielen können."
"Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen kann ich mir vorstellen, dass dafür in Cancun konkrete Maßnahmen vereinbart werden", sagte de Boer. Praktische Maßnahmen zur Unterstützung armer Länder und zum Schutz der Wälder sollten deshalb in den Mittelpunkt rücken.
Die Europäische Union hat bei den Verhandlungen in Bonn erklärt, dass sie zu ihrer Finanzzusage für ärmere Länder stehen will - ungeachtet der nachhaltig ins Stocken geratenen internationalen Gespräche. Die im Zuge des Klimagipfels von Kopenhagen im Dezember zugesagten 2,4 Milliarden Euro würden in diesem Jahr gezahlt, sagte die spanische Delegationsleiterin Alicia Montalvo im Namen der Europäer. An bestimmte politische Bedingungen werde diese Hilfe nicht gebunden. Es sei aber klar, dass die Gelder für effiziente Maßnahmen zum Klimaschutz verwendet werden müssten.
Die EU betrachte die Kopenhagen-Vereinbarung als "politische Leitlinie" für die weiteren Klima-Verhandlungen, sagte Montalvo. Wichtige Elemente dieser Vereinbarung wie das Zwei-Grad-Ziel bei der Begrenzung der Erderwärmung, die Einbeziehung von Entwicklungs- und Schwellenländern in Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen und die Finanzzusagen sollten auch in die weiteren Verhandlungen einfließen. Die EU strebe weiterhin ein rechtlich verbindliches Abkommen an.
Die Kopenhagen-Vereinbarung war als politische Willenserklärung unter Regie von US-Präsident Barack Obama zustande gekommen. Die Staaten hatten sich aber nicht durchringen können, sie einstimmig formell zu beschließen. Das Papier wird aktuell von etwa 120 Staaten unterstützt. Der Vereinbarung zufolge sollen die Industrieländer den Entwicklungsländern von 2010 bis 2012 rund 30 Milliarden US-Dollar als zusätzliche Soforthilfen überweisen. Die EU will davon rund ein Drittel übernehmen.
Diskussionen gab es in Bonn über eine Ankündigung der US-Regierung, wonach Länder wie Bolivien, die die Kopenhagen-Vereinbarung insgesamt nicht akzeptierten, auch keine Klimaschutz-Hilfe aus Washington bekämen. Die EU erklärte hingegen, solche Auflagen nicht machen zu wollen.